„Pille danach“

Unterhaltsklausel für Apotheker

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Berlin -

Wegen der „Pille danach“ könnten auf Apotheker horrende Ansprüche geltend gemacht werden, wenn es doch zu einer ungewollten Schwangerschaft kommt. So sieht es zumindest die Generali. Das Unternehmen verlangt von Apothekern in einer Zusatzverbeinbarung zur Haftpflichtversicherung daher, bei jeder Abgabe die Beratung zu dokumentieren. Angeblich nehmen die Apotheker die Zusatzvereinbarung sehr gelassen.

Die „Pille danach“ wurde am 15. März 2015 zum OTC-Präparat. Seit dem Wegfall der Rezeptpflicht liege die Beratungs- und gegebenenfalls Aufklärungspflicht nicht mehr ausschließlich bei den Ärzten, so ein Sprecher der Generali. „Die Apotheker haben nun eine erhöhte Beratungs- und Informationspflicht, sofern die Frau das jeweilige Präparat direkt in der Apotheke erwirbt.“

Die Frau ist laut der Generali über „die Voraussetzungen, die richtige Anwendung sowie Risiken und mögliche Nebenwirkungen“ zu beraten und zu informieren. „Durch die Neuerung bei der Beratung über diese Präparate können gegebenenfalls Ansprüche bis in Millionenhöhe aufgrund ungewollter Schwangerschaft auf Apotheker zukommen“, so der Sprecher.

Um auch für diese Fälle umfassenden Versicherungsschutz bieten zu können, habe sich die Generali entschlossen, die „Unterhaltsklausel“ für Ärzte auch auf Apotheker anzuwenden. In der Klausel für Ärzte heißt es wörtlich: „Für Haftpflichtschäden, bei denen es sich um Unterhaltsansprüche gegen den Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Arzt wegen ungewollter Schwangerschaft beziehungsweise wegen unterbliebenen Schwangerschaftsabbruches handelt, besteht Versicherungsschutz im Rahmen des Vertrages und nach Maßgabe der vereinbarten Versicherungssumme für Personenschäden.“

Die ABDA hatte nach dem OTC-Switch einen Beratungsleitfaden samt Checkliste erarbeitet. Empfohlen wird die Dokumentation bei der Abgabe an Minderjährige zur Qualitätssicherung, verpflichtend ist sie in keinem Fall.

Bei der Generali schon: Laut der „Vereinbarung zum Versicherungsschutz und zum Qualitätsmanagement für Apotheken zur Mitversicherung der Ausgabe von Notfallkontrazeptiva (‚Pille danach‘, ellaOne, PiDaNa etc.)“ soll der Apotheker sicherstellen, dass alle Kundinnen bei Abgabe von Notfallkontrazeptiva ausführlich persönlich und unter Verwendung der BAK-Checkliste beraten werden. Die Inhalte der Beratung sollen, mit Unterschrift der Kundin, dokumentiert und zehn Jahre lang aufbewahrt werden, heißt es in einem Schreiben der Generali. Der Versicherungsbeitrag bleibt davon unberührt.

Ein Apotheker hatte sich geweigert, die Vereinbarung zu unterzeichnen und will notfalls die Versicherung wechslen. Er hatte Kollegen aufgefordert, seinem Beispiel zu folgen. Er befürchtet, dass es ansonsten demnächst ähnliche Vorgaben für andere Produkt- oder Kundengruppen geben könnte.

Doch die Generali hat nach eigenen Angaben bislang kaum Rückmeldungen zu dem Thema erhalten. „Es gab bisher nur nur wenig Resonanz“, so der Sprecher. „Wir arbeiten in vielen Bereichen mit Qualitätsmanagementvereinbarungen, zum Beispiel im Bereich Aufklärung und Dokumentation oder auch Organisation und Hygiene“, teilte der Versicherer zudem mit.

Die Generali definiert in der Vereinbarung mit Apothekern auch, was das Kundengespräch bei der Abgabe von Notfallkontrazeptiva umfassen sollte: „Die Beratung enthält insbesondere die medizinischen Risiken und Kontraindikationen, sowie Hinweise auf die eventuelle Unwirksamkeit des Medikamentes bei entsprechenden Vorerkrankungen, Übergewicht, Erbrechen, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sowie unklarem Zeitpunkt der Ovulation (Eisprung).“

Die Vereinbarung regelt auch die Rechtsfolgen für den Fall, dass der Apotheker seine Beratung nicht dokumentiert. Die Generali ist laut Vertrag „leistungsfrei“, wenn der Apotheker seine Pflicht vorsätzlich verletzt. Bei grob fahrlässigem Verhalten behält sich die Versicherung eine angemessene Kürzung ihrer Leistung vor. „Die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit tragen Sie“, heißt es hierzu im Vertrag.

Bei der ABDA hat man wenig Verständnis für die Ansprüche der Versicherung. Diese habe selbst im Schadensfall – einer ungewollten Schwangerschaft – keine berechtigten Ansprüche gegen die Apotheke. „Die Ursachen, warum ein Arzneimittel im Einzelfall nicht wirkt, können vielfältig sein“, so eine Sprecherin. Sie hingen nicht zwangsläufig mit einer möglicherweise unvollständigen Beratung der Apotheker zusammen.

Hinzu kommt laut der ABDA-Sprecherin das Thema Non-Compliance: „Der Apotheker kann trotz ausführlicher Beratung nicht garantieren, das die Kundin das Arzneimittel auch tatsächlich einnimmt.“ Daher könne er auch nicht für dessen Wirksamkeit haften. Unabhängig davon empfehle die BAK die Dokumentation der Beratung nur bei der Abgabe an Minderjährige aus Gründen der Qualitätssicherung.

Ihren Leitfaden hatte die BAK im Herbst überarbeitet. Aufgenommen wurden unter anderem Hinweise zum Thromboserisiko und die Diskussion um eine verminderte Wirksamkeit bei übergewichtigen Frauen. Auch die Checkliste für die Abgabe wurde entsprechend angepasst.

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