Zehn Jahre nach OTC-Switch

Pille danach: Apotheker beklagt Unwissen bei Kollegen

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Berlin -

Der OTC-Switch der „Pille danach“ liegt zehn Jahre zurück und doch gibt es große Lücken in der Beratung. Darauf macht Apotheker Dirk Vongehr aufmerksam. Der Inhaber der Kölner Paradies-Apotheke wirbt für mehr Aufklärung und warnt vor anhaltenden Vorurteilen. „Manche Kollegen verhalten sich ethisch und moralisch verwerflich und bringen damit viel Leid in die Gesellschaft.“

Vongehr ist als Coach für Perrigo unterwegs. Der Hersteller vertreibt unter anderem EllaOne mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat. „Wir haben in den vergangenen zehn Jahren eine mittlere vierstellige Zahl davon abgegeben“, sagt der Apotheker. „Die jungen Mädchen und Frauen sind glücklich und zufrieden, wenn wir sie richtig abholen und ihnen alles erklären.“

Für die Apotheke sei es eine große Chance, sich zu positionieren. „Die Pille danach läuft nicht über den Versand“, betont er. Doch leider sei das Wissen in vielen Apotheken über die Wirksamkeit nicht ausreichend vorhanden. „Es muss in Apotheken weiter ausgebaut werden, dass Mädchen und Frauen dort barrierefrei beraten werden.“

Ein Problem sei auch, dass in Fachkreisen zu viele Falschinformationen über die Pille danach kursierten. Sie sei eben keine Abtreibungspille, schränke nicht die Reproduktionsfähigkeit ein oder schade dem Kind. „Das Wissen muss in den Apotheken weiter ausgebaut werden, damit barrierearm beraten wird.“ Die Bereitschaft sei mitunter „viel zu gering, seine eigenen Vorurteile abzustellen“.

Der leichtere Zugang durch den Wegfall der Verschreibungspflicht allein reiche nicht. „Das Wissen ist entscheidend. Aber daran mangelt es in der Bevölkerung und leider auch in Fachkreisen“, so Vongehr. „Das muss man leider so sagen.“ Aufgrund von Werbebeschränkungen fehle es vielen Menschen an Informationen zu Notfallverhütung. Gerade einmal ein Drittel wisse, dass es die Notfallverhütung ohne Rezept in jeder Vor-Ort-Apotheke gebe. „Das ist zu wenig und hat auch in 2025, immer noch großes Leid zur Folge.“

Absatz von Notfallkontrazeptiva rückläufig

Der OTC-Switch hat die Abverkäufe nicht beflügelt: Der Absatz von Notfallkontrazeptiva ist ab 2022 laut Iqvia-Zahlen rückläufig. Im ersten Halbjahr 2024 lag das Minus im Vorjahresvergleich bei 2 Prozent; rund 458.000 Stück wurden in den ersten sechs Monaten im vergangenen Jahr ohne Rezept erworben. Meist verkauftes Produkt ist EllaOne mit einem Anteil von rund 54 Prozent in 2024. Dahinter rangieren die Generika.

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