Abgabepflicht

PiDaNa zwischen Bibel und Grundgesetz

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Berlin -

Die Nation streitet über die „Pille danach“. Diesmal geht es um die Rezeptpflicht. Unabhängig davon diskutieren Apotheker aber auch die Frage, ob sie die Abgabe von Notfallkontrazeptiva aus Gewissensgründen ablehnen dürfen. Ein Berliner Apotheker zahlt für seine religiöse Überzeugung regelmäßig mit beschmierten oder eingeschmissenen Fensterscheiben. Die spannende Frage ist, ob er berufsrechtliche Konsequenzen zu fürchten hat. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht.

Beide Seiten können sich auf das Grundgesetz berufen: Apotheker auf Artikel 4, der die Religions- und Gewissensfreiheit garantiert. Wer bestimmte Medikamente aus religiöser Überzeugung ablehnt, darf nicht zu deren Abgabe gezwungen werden, so das Argument. Dem entgegen steht Artikel 2, wonach jeder Mensch das Recht auf körperliche Unversehrtheit hat. In dieses Recht des Patienten greife der Apotheker ein, wenn er die Abgabe verweigere, lautet die Gegenposition.

Laut Gesetz sind Apotheker zur ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verpflichtet. Ausnahmen für die Abgabepflicht von Arzneimitteln gibt es im Apothekengesetz oder der Apothekenbetriebsordnung nicht. Die entscheidende Frage ist daher, ob die Gewissensfreiheit des Apothekers diese Vorschriften überlagert.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat sich dazu schon geäußert – die Stellungnahme datiert allerdings auf das Jahr 1986. Demnach ist die freie Gewissensentscheidung der Apotheker zu respektieren. Sie dürften keine Diskriminierung erfahren, wenn sie die Abgabe aus religiös motivierten Gewissensgründen verweigerten, so das BMG. Das Ministerium fügte jedoch hinzu, dass der Fall anders liege, wenn die Nidationshemmer aus einer therapeutischen Indikation verschrieben worden seien.

Diese Einschränkung macht die Sache jedoch unklar: Denn in der Regel kennt der Apotheker die Indikation der Patienten nicht und diese sind auch nicht verpflichtet, sie ihm zu nennen.

Eine aktuellere Einschätzung aus dem Ministerium gibt es nicht. Auf Anfrage hieß es aber, die Fachabteilung werde sich mit dem Thema erneut befassen. Auch das Bundesjustizministerium (BMJ) soll bezüglich aktueller Rechtsprechung angefragt werden, heißt es im BMG.

Die Apothekerkammer Niedersachsen vertritt bereits heute eine klare Position: „Man darf aus religiösen Gründen die Abgabe nicht verweigern“, so Kammerpräsidentin Magdalene Linz nach Rücksprache mit der juristischen Fachabteilung. Der Kontrahierungszwang für Apotheker gelte unbedingt. „Wer damit ein Problem hat, hat den falschen Beruf gewählt“, so Linz.

Die Kammer in Niedersachsen ist gleichzeitig Aufsichtsbehörde der Apotheken. In dieser Funktion würde die Kammer auch gegen Apotheker vorgehen, die die Abgabe der Pille danach verweigerten. Bislang habe es aber noch keinen Fall gegeben, erklärt Linz.

Auch bei der Berliner Apothekerkammer hält man eine Verweigerung aus Gewissensgründen für unzulässig. Geschäftsführer Rainer Auerbach hatte unlängst in einem Fachaufsatz darauf hingewiesen, dass Apotheker aus seiner Sicht bei der Abgabgepflicht kein Ermessen haben.

Auerbach zufolge können Apotheker Ärger mit der Aufsicht bekommen, wenn sie Abgabe bestimmter verschreibungspflichtiger Arzneimittel verweigern: von Rügen über Bußgelder bis hin zum Entzug der Approbation. Je nach Fall könnte die Abgabeverweigerung auch zivil- oder strafrechtliche Konsequenzen haben, etwa wegen Körperverletzung oder unterlassener Hilfeleistung. Selbst aktiv geworden ist die Kammer aber offenbar noch nicht.

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