Fürs PJ nach Barcelona Maria Hendrischke, 13.04.2016 10:20 Uhr
Deutsche Pharmazeuten können im Praktischen Jahr (PJ) Erfahrungen im Ausland sammeln. Während ein Halbjahr zwingend in einer deutschen Apotheke absolviert werden muss, können Pharmazeuten im Praktikum (PhiP) die andere Hälfte auch im Ausland verbringen. Stefanie Thalhauser hat sich für diese Option entschieden. Sie forschte 2015 sechs Monate an der Universität von Barcelona.
Thalhauser kannte Spanien vor dem Praktikum nur aus dem Urlaub. Neben ihrem Pharmaziestudium an der LMU München hat sie einen Spanisch-Intensivkurs belegt. Ihre Sprachkenntnisse wollte sie noch weiter verbessern. Daher entschied sie sich, sechs Monate ihres PJ in Spanien zu verbringen.
Weil ihre Sprachkenntnisse noch nicht für die Arbeit in einer öffentlichen Apotheke gereicht hätten, wollte Thalhauser auf Englisch an einer Universität forschen. Schon gut ein Jahr vor ihrem PJ begann sie daher, verschiedene spanische Pharmazieinstitute anzuschreiben, darunter Madrid, Santiago und Barcelona. „Ich rate jedem Studenten, der ins Ausland gehen will, mindestens neun Monate für die Planung zu reservieren“, sagt sie. Außerdem sei es wichtig, nicht gleich zu resignieren: „Manche Hochschulen antworten sehr zeitverzögert und schicken Dokumente nicht immer sofort.“ Von den Unis wurden ihr Forschungsprojekte angeboten.
Thalhauser entschied sich für ein Projekt im Bereich klinische Pharmazie an der Universität von Barcelona in der Arbeitsgruppe von Dr. Pilar Modamio. Thalhauser führte Stabilitätstests für Wirkstoffe in Tabletten durch, die in Krankenhäusern in Dosierhilfen umverpackt werden. Denn die Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit in Spanien können die Stabilität gefährden. Das bedeutete viel Laborarbeit, mit der Thalhauser einen spanischen Doktoranden unterstützt hat. „Ich hatte auch ein kleines eigenes Projekt: eine Literatur-Review über Stabilitätstests auf Englisch“, sagt sie.
Darüber hinaus habe sich ihre spanische Betreuerin viel Mühe gegeben, ihr möglichst viel über das Gesundheitswesen des Landes zu vermitteln. „Ich war einen Tag in einer öffentlichen Apotheke zum Reinschnuppern und drei Wochen in einer Krankenhausapotheke“, sagt Thalhauser. Außerdem habe die Betreuerin für ihre Arbeitsgruppe eine Exkursion zu einem Pharmaunternehmen organisiert.
Die Anerkennung ihres Auslandhalbjahrs beim Landesprüfungsamt – in Thalhausers Fall die Regierung von Oberbayern – sei „unkompliziert“ gewesen, sagt sie. „Die einzige Vorgabe ist, dass das Praktikum von einem Apotheker betreut werden muss – und das war an der Hochschule der Fall“, sagt sie. Thalhauser reichte bei der Prüfungsbehörde eine englische Praktikumsbeschreibung ein, die von ihrer spanischen Betreuerin unterschrieben war. Darüber hinaus musste sie eine geringe Anerkennungsgebühr zahlen.
Für ihre Arbeit an der spanischen Hochschule bekam Thalhauser kein Gehalt. „Das ist bei Forschungspraktika an ausländischen Unis eigentlich immer so“, sagt sie. Sie erhielt einen Zuschuss von der Bayerischen Landesapothekerkammer. Außerdem hat sie den Auslandsaufenthalt mit Erasmus Plus finanziert, einem Stipendium für Graduierte der EU. „Wer in ein außereuropäisches Land will, kann sich um ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) bewerben“, sagt Thalhauser.
Die Hälfte des PJ im Ausland zu absolvieren, sei unter Pharmazeuten durchaus keine Ausnahme mehr, berichtet Thalhauser. Viele ihrer Kommilitonen hätten diese Möglichkeit genutzt. „Sie waren aber eher in England oder den USA, um ihre Englischkenntnisse aufzubessern“, sagt sie. Thalhauser vermutet, dass dies noch sinnvoller sei, da Englisch im Beruf noch mehr gefordert werde.
Sie kann einen Auslandsaufenthalt nur empfehlen: „Ich würde es immer wieder machen, es war eine sehr gute Erfahrung“, sagt sie. Ihre Erfahrungen in Spanien hätten die zweite Hälfte ihres PJ, das sie in einer Münchner Apotheke absolviert hat, gut ergänzt. Inzwischen hat Thalhauser ihr drittes Staatsexamen bestanden und promoviert an der Universität Regensburg.
Thalhauser hat auch einen Einblick in das spanische Apothekensystem bekommen. „Die Arbeitszeiten sind im Vergleich zu Deutschland extrem, da viele Apotheken bis 23 Uhr offen haben – auch am Samstag“, berichtet sie. Die hohe Arbeitslosigkeit in Spanien treffe zwar auch Apotheker. „Verglichen mit anderen Branchen stehen sie aber noch ganz gut da“, sagt sie. Der deutschen Pharmazieausbildung hätten die Spanier viel Achtung entgegengebracht: „Sie haben das positive Vorurteil, dass wir hierzulande ganz modern ausgestattete Institute haben.“ Tatsächlich seien die Unterschiede zwischen den Universitäten der Länder aber gar nicht groß, so Thalhauser.
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