Nachwuchsmangel in der Apotheke

Pharmaziestudenten/PTA-Azubis: Angebot und Nachfrage Lilith Teusch, 15.07.2024 15:06 Uhr

Ganze 13.000 Fachkräfte werden schätzungsweise bis 2029 in Apotheken in Deutschland fehlen. Foto: kasto/stock.adobe.com
Berlin - 

Bis Ende 2029 werden nach Schätzungen der Abda mehr als 33.600 Apotheker und Apothekerinnen in Rente gehen – und das wohl ohne, dass frisch ausgebildete Nachwuchskräfte die freien Stellen neu besetzten werden. Gesundheitsminister Karl Lauterbachs (SPD) Antwort darauf ist die „Apotheke light“, eine Abgabestelle ohne Apothekerin oder Apotheker. Aber vielleicht gibt es ja noch eine Alternative: Statt die Apotheker zu Telemanagern zu machen, könnten mehr Kapazitäten in der Ausbildung geschaffen werden. Denn Interessierte scheint es zu geben, genug Studienplätze aber bei weitem nicht. 

Wie auch im Medizinstudium werden die Studienplätze in Pharmazie zentral vergeben. Die Bewerbung muss über das Portal Hochschulstart eingereicht werden. Auf jede Studienanfängerin oder jeden Studienanfänger kamen laut Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) seit dem Sommersemester 2020 zwischen drei bis vier Bewerberinnen und Bewerber, bezogen auf das zentrale Bewerbungsverfahren. Die Rate ist in den Wintersemestern tendenziell höher, denn dann bewerben sich die frischen Abiturienten, es gibt mehr Bewerber und damit mehr Konkurrenz für die wenigen Plätze.

Spitzenreiter der letzten vier Jahre war das Wintersemester 2020/2021: Von den 8188 Bewerbern auf die zentral verteilten Studienplätze gab es lediglich 1952 Studienanfänger im ersten Fachsemester. Das Interesse an dem Studiengang scheint demnach da zu sein, doch die Plätze sind es nicht. Die Anzahl Studierender im Fach Pharmazie liegt seit 2019 relativ konstant bei gut 16.000.

Kapazitäten reichen nicht aus

Genau hier sieht der Bundesverband der Pharmaziestudierenden Deutschlands (BPhD) den Knackpunkt: „Wir fordern mehr Studienplätze, um langfristig dem Fachkräftemangel auch aus dieser Richtung entgegenzuwirken. Konkret setzen wir uns beispielsweise für die Schaffung eines Pharmaziestudienstandortes im Bundesland Brandenburg ein, dem einzigen Flächenbundesland, in dem man bisher nicht Pharmazie studieren kann“, so die Stellung des BPhD.

Damit stehen die Studierenden nicht alleine, auch die Landesapothekerkammer Brandenburg setzt sich seit über 10 Jahren für einen Studiengang in Brandenburg ein. Die Verantwortung hierfür liege bei der Landesregierung, so Kammerpräsident Jens Dobbert, doch der fehle es an finanziellen Mitteln.

Weniger Auszubildende in den Apotheken

Nach Lauterbachs Plänen wären weniger Apotheker allerdings kein so großes Problem. Schließlich, so der Gesundheitsminister, könnten mit seiner „Apotheke light“ auch PTA unter Videoaufsicht die Aufgaben der Apotheker übernehmen. Unabhängig davon, wie man diese Pläne inhaltlich bewerten möchte, ein Blick in die Zahlen zeigt: Die Anzahl an PTA ist im Gegensatz zu denen der Apothekerinnen und Apotheker rückläufig, wenn auch nur leicht.

Und diese Situation wird sich in Zukunft wohl eher verschärfen. Denn auch die Anzahl an PTA-Praktikanten in den Apotheken ist rückläufig. 2005 zählte die Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) 2900 Praktikanten, seit 2015 sind es nur noch ungefähr um 2100 Praktikanten pro Jahr.  Diese Zahl könnte in Zukunft sogar weiter abnehmen.

Mehr Plätze als Bewerber

Dr. Edgar Gräf ist selbst Apotheker und leitet PTA-Schulen in Bayer. Er geht im Bereich der PTA von einer Verschärfung des ohnehin schon bestehenden Fachkräftemangels aus. Denn im Gegensatz zum Pharmaziestudium fehlen bei den PTA die Interessenten. „An unseren sechs Schulen in Bayers konnten rund 18 Prozent der Plätze nicht belegt werden“, so Gräf.

Schulgeldfreiheit und Ausbildungsvergütung

Schuld hieran seien die Rahmenbedingungen, und zwar sowohl während als auch nach der Berufsausbildung. In den ersten zwei Ausbildungsjahren der zweieinhalbjährigen Ausbildung ist keine Vergütung vorgesehen, zusätzlich müssten angehende PTA teilweise sogar noch Schulgeld für ihre Ausbildung bezahlen. Im Vergleich zu anderen Ausbildungen im Gesundheitssektor wäre die PTA-Ausbildung schlichtweg dadurch schlichtweg unattraktiver. Gräf sieht hier die Regierung in der Pflicht, er fordert Schulgeldfreiheit und eine staatlich finanzierte Ausbildungsvergütung.