Medikationsmanagement

Pharmaziestudenten lösen echte AMTS-Fälle Carolin Ciulli, 18.06.2019 14:50 Uhr

Apotheker Stefan Göbel bringt echte Medikationsfälle zur Analyse an die Uni. Foto: Brücken-Apotheke
Berlin - 

Für Apotheker Stefan Göbel gehört Medikationsmanagement zu den zentralen Aufgaben einer Apotheke. In der Ausbildung hat der Inhaber der Brücken-Apotheke den Praxisbezug jedoch vermisst. Das wollte er ändern. Heute bietet Göbel an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Kurse mit echten Fällen aus der Praxis als Pflichtfach an.

Eine der ersten Erfahrungen, die Göbel als junger Apotheker hatte, deprimierte ihn. Als frischgebackener Pharmaziestudent war er als Ansprechpartner für mögliche Wechselwirkungen und pharmazeutische Probleme zuständig. „Die Kunden dachten aber, dass der Arzt dafür zuständig ist, und verstanden nicht, warum sie dafür einen Apotheker brauchen“, sagt er. Er habe sich als Pharmazeut nicht ernst genommen gefühlt.

Kurz darauf ließ er sich zum AMTS-Manager weiterbilden und bietet mittlerweile kostenpflichtige Medikationschecks in seiner Apotheke im hessischen Heringen an. „Als ich meine eigene Apotheke auf Vordermann gebracht habe, kontaktierte ich die Uni Jena.“ Er bot an, Studenten zu unterrichten. Wichtig war ihm, so praxisnah wie möglich zu sein. „Die Studenten müssen sich mit realen Patienten, Arzneimitteln, Laborwerten und Erkrankungen am Medikationsmanagement versuchen.“

Zuvor fragte er bei den Ärzten an, um sie mit ins Boot zu holen. „Sie machen gerne mit, weil sie das Problem der Polymedikation erkennen.“ Die Kunden werden angesprochen und gefragt, ob sie teilnehmen wollen. Die Plätze seien schnell gefüllt, da die Leistung sonst für Stammkunden knapp 70 Euro, für andere knapp 140 Euro koste. Für die Analyse haben die Studenten im 8. Semester insgesamt sechs Stunden Zeit.

Am diesjährigen zweiten Kurs nehmen 55 Studenten teil, fünf teilen sich einen Fall. Sie sollen die Patientenakten auf Adhärenz, Wechselwirkungen, Doppelmedikation, leitliniengerechte Therapie und Einnahmezeiten prüfen. „Das ist anstrengend“, so Göbel. Ziel sei ein komprimierter „Arztbrief“, den der Apotheker sowie die Mediziner erhielten. Die Ergebnisse seien „eigentlich ganz gut“.

Tendenziell schrieben die Teilnehmer zahlreiche Aspekte auf. „Sie geben viel an, was nicht relevant ist“, so Göbel. Das Feedback der Studenten sei durchweg positiv: „Im Studium wird Medikationsmanagement wenig behandelt.“ Für angehenden Apotheker seien die Inhalte aufregend und neu, weil es sich um echten Patienten handele. Göbel will dem Nachwuchs mit dem Projekt auch zeigen, dass das Arbeiten in der öffentlichen Apotheke mehr bedeutet, als Packungen abzugeben.

Die Ergebnisse bespricht Göbel mit den Ärzten. „Die guten Ideen, die die Studenten einbringen, werden tatsächlich aufgenommen.“ Der Apotheker und die Mediziner beteiligen sich freiwillig und ohne Entgeld an dem Projekt. Das nächste große Ziel von Göbel ist, den Kurs interdisziplinär auch für Medizinstudenten anzubieten.