Deutschland, Schweiz, Österreich

Pharmaziestudenten gründen Helfer-Plattformen

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Berlin -

Die Apotheken durchleben eine Bewährungsprobe, das Personal geht vielerorts auf dem Zahnfleisch. Und das ist womöglich erst der Anfang der Corona-Krise. Der Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD) will die Betriebe nun aktiv unterstützen: Der Verband hat eine Plattform gestartet, die hilfswillige Pharmaziestudenten an hilfsbedürftige Apotheken vermitteln soll. Unterstützung erhalten sie dabei von der Adexa. In der Schweiz gibt es ein ähnliches Modell für den Botendienst.

Die Pharmaziestudenten demonstrieren Verantwortungsbewusstsein und wollen den Apotheken in der Corona-Krise zur Hand gehen. „Die Apotheke beweist sich in der aktuellen Krisenzeit als essentieller Teil des Gesundheitswesens und dient oftmals als erste Anlaufstelle für verunsicherte Patient*innen. Durch den daraus resultierenden hohen Andrang stoßen derzeit einige Apotheken an ihre Grenzen“, so der BPhD am Montag. Für viele Angestellte in Apotheken komme hinzu noch die unklare Frage nach der Kinderbetreuung. Und zu allem Überdruss müssen Apotheken und Krankenhäuser auch noch mit weiteren Personalausfällen durch Erkrankungen rechnen.

Hier kommt der BPhD ins Spiel: „Wir Studierende können das Gesundheitssystem unterstützen und in den Apotheken aushelfen“, so der Verband. Daher rufe man die Pharmaziestudierenden in Deutschland dazu auf, Apotheker bei der Bewältigung ihrer Tätigkeit und der pharmazeutischen Versorgung der Bevölkerung zu unterstützen. „Als zukünftige Gesundheitsberufler möchten wir nicht tatenlos zu Hause bleiben, wenn wir die Apotheken und ihre Mitarbeitenden sinnvoll entlasten können”, so BPhD-Präsidentin Laura Weiß. „Studierende können, je nachdem in welchem Studienabschnitt sie sich befinden, an vielen Stellen unterstützen – sei es in der Rezeptur, beim Wareneingang oder Botendienst.”

Um das besser zu koordinieren, hat der BPhD die Seite apothekenhelfen.bphd.de ans Netz gebracht. Die Apotheken können sich kostenlos in dem Register anmelden und ein Gesuch erstellen. Dort beschreiben sie kurz das Tätigkeitsfeld und gewünschte Anforderungen, wie beispielsweise den Besitz eines Führerscheins für Botendienste. Studenten können so Betriebe in ihrer Nähe finden, die Hilfe brauchen.

Die Verantwortung liege jedoch weiter hauptsächlich bei den Studenten, betont der BPhD. Sie müssen sich selbstständig eine Apotheke suchen und sie kontaktieren. Dabei könnte den Apotheken der verschobene Semesterstart zugutekommen: Viele Studierende seien gerade in ihren Heimatorten, so der BPhD. Über die Seite könnten deshalb auch Apotheken, die sich nicht in Universitätsstädten befinden, unterstützt werden. „Die Hilfe soll möglichst flächendeckend bei Apotheken überall ankommen!“, so der Verband. Bisher haben sich vor allem Krankenhausapotheken registriert, aber auch Betriebe aus Hamburg, Saarbrücken und Nordhausen.

Um die Hilfsarbeit rechtlich wasserdicht zu machen, steht die Adexa den Studenten bei: Die Apothekengewerkschaft erstellt zur Unterstützung des Projektes einen Musterarbeitsvertrag, in dem die individuellen Absprachen zwischen Studierendem und Apotheke einfach eingetragen werden können. „Studierende sollten nicht ohne Abschluss eines offiziellen Arbeitsvertrages aushelfen, da nur so ein geeigneter Versicherungsschutz für die Tätigkeit besteht“, rät der BPhD. Darüber hinaus würden die Vorgaben der Bundesapothekerkammer sowie der jeweiligen Apotheken natürlich auch für die Studierenden gelten.

Ähnliche Aktionen des Apothekennachwuchses gibt es auch in anderen Ländern: In der Schweiz zum Beispiel haben die Studierenden- und Jungapothekerverbände die Website Pharmadelivery.ch ans Netz gebracht: Über die Plattform können Apotheken Pharmaziestudenten, die in ihrer Freizeit Apotheken bei Medikamentenlieferungen unterstützen wollen, kontaktieren und engagieren.

„Oberstes Ziel der Apothekerschaft ist es, die Versorgung sicher zu stellen und die besonders gefährdeten Personen zu schützen. Dazu gehört auch, dass diese Menschen nicht unnötig in die Apotheke gehen müssen, um notwendige Medikamente zu erhalten“, so eine gemeinsame Mitteilung des Verbands schweizerischer ApothekerInnen in Aus-und Weiterbildung (VSAAW), Verein für junge Apothekerinnen und Apotheker (SwissYPG) sowie dem Asep, dem Schweizer Pendant zum BPhD.

Die Studierenden können sich eintragen, wenn sie in ihrer Freizeit helfen wollen, und die Apotheke kann sie sich bei den registrierten Personen melden, wenn sie Unterstützungsbedarf hat. Auch die Schweizer Seite stellt einen Musterarbeitsvertrag zur Verfügung – appelliert aber an die Studenten, umsonst zu arbeiten: „Wenn du es dir finanziell leisten kannst, bitten wir dich aus Solidarität auf einen Lohn zu verzichten. Es ist dir selbstverständlich freigestellt, mit der Apotheke eine Bezahlung auszuhandeln“, so pharmadelivery.ch. „Wir empfehlen einen Stundenlohn von circa 20 Franken exklusive Spesen.“

Auch in Österreich engagieren sich Pharmaziestudenten bereits für die Vor-Ort-Apotheken: Dort gibt es das Projekt „Pharmaziestudierende helfen österreichweit Apotheken” des Akademischen Fachvereins Österreichischer Pharmazeut_innen (AFÖP), der Pharmazeutischen Gehaltskasse für Österreich und der Österreichischen Apothekerkammer. Auch dort wurde eine Vermittlungsplattform eingerichtet. Neben dem Botendienst sind die Studenten aufgefordert, bei der Herstellung von Desinfektionsmitteln oder dem Wareneingang zu helfen. Auch hier sollen die Studierenden mit einem offiziellen Arbeitsvertrag tätig werden, eine mögliche Vergütung solle vorab bilateral zwischen Apotheke und Student besprochen werden.

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