Apothekenkontrolle

Pharmazierätin: Hart, aber herzlich

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Berlin -

Die Flensburger Apothekerin Grit Spading ist im Ehrenamt als Landespharmazierätin in Schleswig-Holstein im Einsatz. Von Sonntag bis Donnerstag findet in Osnabrück die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) statt, an der sie teilnimmt. Ihre Aufgabe beschreibt sie als „spannend“.

Dem gefürchteten Image des unbarmherzigen Pharmazierats im fortgeschrittenen Alter entspricht sie nicht. Streng ist sie trotzdem. Aber immer mit einer Portion Menschlichkeit. Und immer mit einem freundlichen Vorschlag, wie ein Apotheker, bei dem sie gerade Schwächen oder Fehler entdeckt hat, besser werden kann. Damit es nicht allzu frustrierend wird.

„Seit zwei Jahren bin ich im Kreis Dithmarschen unterwegs, betreue insgesamt 25 Apotheken. Da man mindestens eine Stunde Anfahrt rechnen muss, besuche ich meistens zwei auf einmal.“ Sie weiß, dass sie eigentlich nie so richtig willkommen ist. Aber sie ist ja auch nicht zu Kaffee und Kuchen eingeladen, sondern soll die Sicherheit der Apotheken prüfen. „Man wird entsprechend begrüßt“, erzählt sie, „wenn ich komme, passt es wirklich nie.“

Die Chefs könnten die Aufregung am besten überspielen, Filialleiter oder Angestellte bibbern ein bisschen, wenn der Vorgesetzte nicht im Haus ist, sagt sie. „Für eine Prüfung habe ich rund drei Stunden Zeit. Da kann man gar nicht alles unter die Lupe nehmen. Es ist immer nur eine Momentaufnahme.“ In alle Ecken zu schauen, sei unmöglich. Auf zwei Bereiche legt Spading besonderen Wert. „Ich fange gern mit den Betäubungsmitteln an.“ Ihre Erfahrung besagt: „Wenn es bei den BtM nicht stimmt, dann hapert es in der Apotheke auch anderswo. Wer hier genau ist, ist es meistens auch bei anderen Dingen.“

Sie sagt: „Wenn man die BtM ernst nimmt und jeden Monat die Bestandskontrolle durchführt, sehe ich, dass da jemand arbeitet, der ein Grundverständnis dafür hat. Viele sagen, das ist eh computergeführt, das wird schon stimmen.“ Dafür gibt es bei Spading einen Minuspunkt. Weil man nie vergessen darf, dass Betäubungsmittel Menschenleben gefährden können. Da versteht sie keinen Spaß, denn: „Damit kann man Menschen umbringen.“ Auch die Lagerung von Betäubungsmitteln im Kommissionierer, weil es so schön praktisch ist, sieht sie gelegentlich. „Das ist streng verboten, sie müssen im Tresor liegen.“ Solche Missstände muss sie melden, sie kosten den Apotheker dann Geld in Form einer Strafe.

Nicht immer zeigen sich Apotheker einsichtig. „Ich habe einmal in einer Apotheke 30-prozentiges Wasserstoffperoxid entdeckt. Das ist seit geraumer Zeit verboten, weil es für die Herstellung von Sprengstoff verwendet werden kann. Dieses Verbot ist aber noch nicht überall vorgedrungen. Die Apothekerin hatte 30 Liter vorrätig.“ Sie fand es nicht so schlimm und erklärte, dass sie es als Jägerin für das Bleichen von Geweihen und der Schädelknochen benötige.

Spading kündigte an, den Vorschriften gemäß einen Bericht zu schreiben und ihn ans Ministerium zu leiten, dessen Experten dann weitere Maßnahmen treffen. „Sie sagte, ach Quatsch, ich kenne doch die Kunden, die das kaufen.“ Was die Apothekerin als Quatsch abtat, war für die Pharmazierätin keiner. „Ich habe ihr gesagt, dass sie sich in diesem Fall dann entscheiden sollte, ob sie lieber Apothekerin oder Jägerin sein möchte.“

Hart, aber herzlich arbeitet sich die Pharmazierätin durch „ihre“ Apotheken. „Viele sind zum Beispiel aufgeregt, wenn ich etwas finde, das abgelaufen ist.“ Dann muss sie manchmal trösten: „Ich sage, das ist ein bisschen wie im Straßenverkehr. Wenn man wegen Schnellfahrens geblitzt wird, zahlt man eine Strafe, aber das bedeutet ja noch lange nicht, dass man nicht Autofahren kann. Und ein Fehler in der Offizin bedeutet lange nicht, dass man seine Apotheke nicht gut führt. Ich möchte nicht nur sagen, das ist falsch und das auch, ich möchte auch sagen, wie es richtig geht.“

Wie Apotheke geht, weiß Grit Spading, sie arbeitet Vollzeit in der Förde-Apotheke in Flensburg. Ihre Aufgabe als Pharmazierätin ist ehrenamtlich. Man muss Apotheke also schon sehr mögen, wenn man das Amt für fünf Jahre auf sich nimmt. „Das Ministerium hatte die Stelle ausgeschrieben, ich habe mich schriftlich beworben. Es gibt nicht so viele, die sich um diesen Job reißen“, erzählt sie.

Warum tut man sich einen Job an, der außer einer Unkostenpauschale unbezahlt ist und bei dem überall, wo man auftritt, die Lächeln aus den Gesichtern verschwinden? Zum einen findet Apothekerin Spading Qualität wichtig. „Wir Pharmazieräte sind schließlich für den Konsumentenschutz unterwegs.“ Was Kollegen gelegentlich als Anschwärzen empfinden, ist für sie Qualitätskontrolle. Dass sie dabei strenge Verstöße melden muss, gehört zum Auftrag.

Aber es gibt noch einen weiteren Grund: „Mich hat schon immer fasziniert, wie es in anderen Apotheken aussieht. Und ich war schon als Kind gespannt darauf, zu sehen, wie es in anderen Wohnungen aussieht. Ich finde das wirklich spannend!“

Ihr Amt wird sie für fünf Jahre ausführen, mit Option auf Verlängerung. Wenn die besuchten Apotheker sagen: „Es war gar nicht so schlimm wie befürchtet“, nimmt sie das als Kompliment. Denn sie weiß, dass ein Besuch des Pharmazierats wie ein Zahnarztbesuch ist. Spading musste noch nie eine Apotheke schließen. „Manchmal stehe ich da und die PTA sagt, dass der Chef nach der Pause schon unterwegs ist.“ Dann wartet die Pharmazierätin und bisher sind auch alle Chefs tatsächlich zeitnah aufgetaucht. Während des Wartens gibt es immer ein gutes Gesprächsthema: Ihre Tattoos. Auf ihrem Dekolleté sind eine große Waage und ein Äskulap-Stab zu sehen. Sie sagt: „Ich trage das aus Liebe zum Beruf.“ Darüber hinaus zieren ihren Körper unter anderem ein Pinup-Girl, das auf einer Weltkugel sitzt und Hollywoodgrößen wie Doris Day und Rock Hudson. In der Offizin wird sie oft auf die Waage angesprochen. „Die Kunden fragen: ‚Sind Sie Waage?´, ich antworte: ‚Nein, ich bin Apothekerin!‘ – und schon ergibt sich ein Gespräch.“ Kritik hat sie bisher nicht erfahren.

„Am Ende der Revision setze ich mich immer mit dem Apotheker oder der Apothekerin hin und wir gehen gemeinsam das Protokoll durch. Ich erkläre, was ich warum aufgeschrieben habe. Bei einigen Fehlern reicht eine mündliche Ermahnung, anderes muss ich melden.“ Ihr Prüf-Handwerk hat sie durch Begleiten erfahrener Pharmazieräte gelernt. „Ich hatte am Anfang eine Mitlaufzeit und habe gemerkt, dass einige Kollegen sehr streng sind. Einmal erzählte mir ein Apotheker, dass er heilfroh war, dass ich und nicht sein Bruder vor Ort war.“ Der darf grundsätzlich nicht prüfen, weil man nicht befangen sein darf. „Es gibt unter den Pharmazieräten wirklich harte Hunde. Ich sehe mich ein bisschen anders, eher als Aufklärerin“, sagt Spading. Auch sie darf und will keine Verfehlungen durchgehen lassen. Aber ein Lächeln kostet nichts.

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