Revision mit Eskalation

Pharmazierätin beleidigt: Apotheker muss spenden

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Berlin -

Hat der Apotheker bei der Revision nur gescherzt oder hat er die Pharmazierätin beleidigt? Während das Team der Rohrbach-Apotheke im saarländischen St. Ingbert die Stimmung bei der Revision als gelöst und locker empfand, legte die Pharmazierätin im Anschluss Beschwerde ein. Gegen das verhängte Bußgeld hat sich der Inhaber gewehrt, das Berufsgericht hat jetzt eine versöhnliche Lösung gefunden.

Im Nachhinein lässt sich kaum rekonstruieren, was sich damals in der Apotheke wirklich abgespielt hat. Zwar gibt es die Einlassungen der Protagonisten – des Apothekers und der Pharmazierätin – und sogar schriftliche Zeugenaussagen mehrerer Mitarbeiter der Rohrbach-Apotheke. Aber daraus lässt sich nicht erkennen, warum die Situation im Nachhinein so eskaliert ist.

Denn die Darstellungen der Beteiligten weichen gar nicht besonders stark voneinander ab. Worin sie sich deutlich unterscheiden ist, wie die jeweiligen Aussagen interpretiert wurden. So ist das mit dem Humor: Nicht jeder Witz wird so verstanden, wie er gemeint war und was der Eine als lustig versteht, empfindet der Andere als Kränkung und Grenzübertretung. Selbst mit den Zeugenaussagen bekommt man nachträglich nur ein ungefähres Bild von der Szene. Doch genau vor dieser schwierigen Aufgabe stand das Apothekergericht des Saarlandes, vor dem der Fall schließlich landete.

Zunächst erhielt Apotheker Christoph Dahlem Post von seiner Kammer, bei der sich die Pharmazierätin über sein Betragen beschwert hatte. Sollte sich der Inhaber tatsächlich wie berichtet geäußert haben, wäre das ein gröblicher Verstoß gegen die Berufsordnung, hieß es. In der geforderten Stellungnahme drückte er seine Verwunderung über die Beschwerde aus und fühlte sich total missverstanden. Und dann machte er einen Fehler: Er schickte eine Kopie seiner Stellungnahme an die Pharmazierätin und fügte den Satz hinzu: „Charakterlich sind Sie ein Totalschaden.“

Dafür hat er sich zwar anschließend entschuldigt, die Kammer wertete den Satz aber als eindeutige Beleidigung und hielt vor diesem Hintergrund auch die sonstige Darstellung der Pharmazierätin für glaubwürdiger. Dahlem fühlte sich ungerecht behandelt. Denn der Satz sei nur der Verärgerung über das aus seiner Sicht perfide Vorgehen geschuldet, dass die Pharmazierätin – in seiner Wahrnehmung – die Späße mitgemacht und sich anschließend über den Umgangston beschwert habe. Sie hatte anschließend zu Protokoll gegeben, dass sie bewusst nicht auf die – in ihrer Wahrnehmung – Provokationen des Apothekers eingegangen sei, um eine Eskalation vor Ort zu vermeiden.

An diesem Punkt scheiden sich die Geister: Die Kammer empfiehlt den Pharmazieräten, offene Konfrontationen zu umgehen. Und es gibt tatsächlich Berichte von unschöne Vorfällen, in denen das nicht geklappt hat. Die andere Seite findet, die Pharmazierätin hätte in diesem Fall einmal klarmachen sollen, dass sie solche „Späße“ nicht mag und lieber in Ruhe die Revision durchführen würde.

Die Kammer verhängte ein Ordnungsgeld von 2000 Euro gegen Dahlem, er legte Widerspruch ein und klagte schließlich vor dem Berufsgericht gegen den Bescheid. Das Gericht wies darauf hin, dass selbst im Rahmen einer mündlichen Verhandlung eine Beweisaufnahme schwierig werden könnte, denn „Atmosphärisches, die Bedeutung von Blicken oder die wahre Bedeutung von verunglückten, Chauvinismus-verdächtigen Scherzen, die im Rahmen der Prüfung der Apotheke durch den Beschuldigten gemacht worden sein sollen, wird sich mit juristischen Mitteln nicht aufklären lassen“.

Die spätere Bezeichnung „charakterlicher Totalschaden“ erfülle dagegen zweifellos den Tatbestand einer Beleidigung und sei eine Herabsetzung der Pharmazierätin als Person. Vor diesem Hintergrund schlug das Gericht vor, Dahlem möge an eine gemeinnützige Einrichtung 750 Euro spenden. Das entspricht der Höhe nach einer Geldauflage, die ein Beschuldigter für eine Verfahrenseinstellung im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Beleidigung gemäß § 153a II Strafprozessordnung würde zahlen müssen. Dass das Gericht ein Nettoeinkommen von 1500 Euro zugrunde legte, ist für den Apotheker sicher nicht zum Nachteil geschehen.

Dahlem stimmt dem zu. Wenn er die Spende an eine gemeinnützige Organisation seiner Wahl nachgewiesen hat, wird das Verfahren eingestellt. Der Ordnungsgeldbeschluss ist damit dann auch vom Tisch. Witze wird Dahlem bei seiner nächsten Revision wohl trotzdem nicht mehr machen.

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