Pharmazie in der DDR Julia Pradel, 26.10.2012 14:15 Uhr
Heute werden an der Universität Jena „20 Jahre Pharmazie“ gefeiert – dabei werden schon seit 1794 Pharmazeuten in der thüringischen Stadt ausgebildet. Bei einer Festveranstaltung erinnert die Universität heute an die Wiedereröffnung des Instituts nach der Wende, denn in der DDR war der Fachbereich geschlossen worden. Die Zentralisierungsbetrebungen der SED trafen nicht nur Jena, sondern veränderten das gesamte Hochschulsystem.
Die erste Hochschulreform wurde bereits 1945 durchgeführt: Die Hochschulen wurden entnazifiziert, aber auch andere unerwünschte Personen, beispielsweise aus Kirchenkreisen, wurden nicht weiter beschäftigt. Es wurden Vorlesungen über den Dialektischen und Historischen Materialismus und Politische Ökonomie eingeführt. Das Pharmaziestudium war zunächst an sechs Universitäten möglich: Berlin, Greifswald, Halle, Jena, Leipzig und Rostock.
Mit der zweiten Hochschulreform 1951/52 wurde das Pharmaziestudium von sechs auf acht Semester verlängert. Die Studiengänge in der DDR bekamen einheitliche Studien- und Prüfungspläne. Der Pflichtunterricht wurde um die Fächer Marxismus-Leninismus und Russisch erweitert.
Immer mehr angehende Apotheker kamen nach Jena und das Institut litt unter permanenter Platznot. Dies verstärkte sich durch die Verlängerung des Studiums und die Erhöhung der Zulassungskontingente. Die Platzprobleme führten letztendlich dazu, dass im Rahmen der dritten Hochschulreform 1967 die Schließung des Jenaer Institutes beschlossen wurde.
Ziel der dritten Hochschulreform war die Zentralisierung des Hochschulsystems. Durch „Konzentration und Kooperation“ sollte die Qualität der Ausbildung verbessert werden. Von den sechs Instituten in der DDR wurden Rostock, Leipzig und Jena geschlossen. In Halle war das größte Institut, es folgten Greifswald mit der speziellen Studienrichtung „Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie“ sowie Berlin. Das Studium dauerte vier Jahre, im fünften Jahr fertigten alle Studenten eine Diplomarbeit an. Nach einem Jahr praktischer Arbeit in der Apotheke erhielt man seine Approbation.
In Jena wurden nach Bekanntmachung der Schließung bereits für das Studienjahr 1968/69 keine Neuzulassungen mehr vorgenommen. Eingeschriebene Studenten konnten ihre Ausbildung noch beenden, bevor das Institut 1970 geschlossen wurde. Die Professoren wechselten an andere Universitäten wie Halle oder in die Jenaer Sektion Biologie.
Kurz vor der Wende gab es einen ersten Hoffnungsschimmer: Anfang 1989 stellten einige Hochschullehrer in Jena einen Forderungskatalog auf, zu dem auch die Wiedereröffnung des Pharmazie-Institutes gehörte. Das neue Institut mit vier Lehrstühlen sollte in einem Neubau errichtet werden – um das Platzproblem endgültig zu lösen.
Im Februar 1991 begannen die Verhandlungen mit dem Thüringer Ministerium für Wissenschaft und Kunst und im Dezember wurde eine positive Entscheidung getroffen. Im April des nächsten Jahres hatte man sich mit dem Unternehmen Jenapharm auf die Einrichtung einer Stiftungsprofessur geeinigt. Am 23. Oktober wurde das Institut wiedereröffnet.
Trotz der Unterbrechung zu DDR-Zeiten kann das Jenaer auf eine lange Pharmazie-Geschichte zurückblicken: 1794 veranlasste Johann Wolfgang Goethe die Gründung einer privaten Ausbildungsstätte für „junge Pharmaceuten“, die von dem Hof-Apotheker Johann Friedrich August Göttling geleitet wurde. Das Institut entwickelte sich ab 1837 unter Heinrich Wilhelm Ferdinand Wackenroder zur führenden pharmazeutischen Ausbildungsstätte. Andauernde Geldnöte führten trotzdem dazu, dass das Institut 1873 geschlossen werden musste. 1902 wurde ein universitätseigenes „Institut für Pharmazie und Lebensmittelchemie“ gegründet.