Graumarkt

Pharma Mall: Export-Apothekerin aufgeflogen

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Berlin -

Der Verkauf von Medikamenten an Exporteure kann für Apotheker lukrativ sein. Die großzügigen Angebote der Zwischenhändler sind der Industrie ein Dorn im Auge. Per Kontingentierung versuchen die Hersteller, den Graumarkt auszutrocknen. Eine Apothekerin aus Schleswig-Holstein wurde dabei erwischt, wie sie über ihre Apotheke bei Pharma Mall Medikamente bestellte und diese dann über ihren Großhandel an einen Zwischenhändler verkaufte. Nun drohen ihr rechtliche Konsequenzen. Sie fühlt sich allerdings zu Unrecht am Pranger.

Aufgeflogen ist das Ganze bei einer GDP-Inspektion des Landesamts für soziale Dienste (LAsD). Die Behörde fand einen Lieferschein und eine Rechnung, die der Großhandel der Apothekerin an den Zwischenhändler ausgestellt hatte. Demnach wechselten Präparate im Wert von 50.000 Euro den Besitzer – darunter kontingentierte Produkte wie Pulmicort, Forxiga und Xigduo, allesamt von AstraZeneca.

Der Konzern vertreibt seine Arzneimittel eigentlich nur über Großhändler, jedoch scheint ein großer Teil der Ware die deutschen Patienten nicht zu erreichen. Als Notfallkanal ließ der Konzern schließlich auch noch das Bestellportal Pharma Mall zu, über das Apotheken direkt bei der Industrie bestellen können. Den von der Behörde geforderten Nachweis über den Bezug der Arzneimittel wollte die Apothekerin nicht vorlegen. Möglicherweise war ihr klar, dass die Sache für sie nicht gut ausgehen würde. Also fragte das LaSD beim Hersteller nach. AstraZeneca hatte keine Arzneimittel an den Großhandel geliefert. Die Apotheken im Filialverbund der Pharmazeutin waren allerdings beliefert worden.

Ohne Belege über den Bezug der Arzneimittel verweigerte das LAsD dem Großhandel der Apothekerin die Bestätigung der GDP-Konformität. Normalerweise müssen solche Fälle in der öffentlich zugänglichen EudraGMDP-Datenbank eingetragen werden. Da dies technisch aber nicht möglich war, informierte das LAsD per E-Mail das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und die obersten Landesgesundheitsbehörden sämtlicher Bundesländer. Gleichzeitig teilte die Behörde mit, dass sie beabsichtige, die Großhandelserlaubnis zu widerrufen.

Die Apothekerin versuchte noch, die Veröffentlichung mit einem Antrag auf Rechtsschutz zu stoppen, das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht lehnte ihr Ersuchen jedoch ab. Nun wird vor Gericht gestritten, ob sie ihre Großhandelserlaubnis behalten darf. Die Apothekerin hofft, mit einem externen Gutachten die GDP-Konformität nachweisen und die Lizenz damit behalten zu können.

Dass der Fall überhaupt aufgeflogen ist, hängt offenbar mit der seit 2013 geltenden Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zusammen. Diese sieht vor, dass Apotheke und Großhandel räumlich abgetrennt sein müssen, einige Aufsichtsbehörden fordern sogar ein eigenständiges Gewerbe. Damit wären sie aber für den Graumarkt aus dem Rennen, denn als Apotheke ohne Großhandelserlaubnis dürften laut Arzneimittelgesetz (AMG) Medikamente nur an Endkunden, Ärzte und andere Apotheken abgeben – und nicht an ihren eigenen Großhandel zum Weiterverkauf. Tatsächlich firmiert der Großhandel der Apothekerin unter demselben unverfänglichen Namen wie eine ihrer Filialapotheken, nur dass er eben als eigenständiges Gewerbe angemeldet ist. Ob die Behörde den Transfer von Ware ahnden will, ist nicht bekannt.

So oder so ist der Fall für die Apothekerin eine peinliche Angelegenheit. Denn bundesweit haben Apotheken immer wieder Probleme, an kontingentierte Ware zu kommen. Hersteller wie AstraZeneca machen Großhändler und Apotheker verantwortlich, die Präparate in erheblichem Ausmaß ins europäische Ausland zu exportieren.

Laut Branchenkennern läuft das Geschäft im großen Stil. Vor allem kleine und mittlere Apotheken sicherten sich über den Zwischenhandel ihre Liquidität. Zwischen 50.000 und 100.000 Euro könnten pro Monat mit dem Verkauf von Arzneimitteln an Zwischenhändler und Vollsortimenter umgesetzt werden – wobei nicht immer der Export im Vordergrund stehe.

„Die Frage ist nicht, welche Apotheken da mitmachen, sondern welche nicht“, sagt ein Insider. Er schätzt, dass rund ein Dutzend Firmen die Ware aufkauft und exportiert, vorzugsweise nach Großbritannien. Einer der Anbieter ist Phatebo (Pharma Team Bodensee). Das Unternehmen aus Hilzingen war zuletzt Ende April auf der Suche nach bestimmten Medikamenten wie Betmiga, Brilique, Forixa, Januvia/Janumet, Onglyza, Tegretal, Vesikur, Viani und Xelevia. Aber auch Generika wie Torasemid AbZ/Ratiopharm standen auf der Angebotsliste.

Apotheken mit Großhandelserlaubnis und qualifiziertem Lieferanten konnten bestimmte Mengen mit vorgegebener Restlaufzeit liefern. Je nach PZN gab es unterschiedliche Aufschläge: Die Spanne reichte von wenigen Cent bis hin zu 40 Euro. Am lukrativsten waren Forxiga mit bis zu 48 Prozent und Vesikur mit bis zu 78 Prozent Aufschlag.

Grund für das florierende Geschäft ist die Nutzenbewertung. Durch die Erstattungspreise sind einige Arzneimittel in Deutschland mittlerweile deutlich günstiger zu haben als in anderen Ländern. „AstraZeneca hat [...] teilweise 70 Prozent mehr Arzneimittel ausgeliefert, als Nachfrage auf dem deutschen Markt bestand“, sagte Deutschlandchef Dirk Greshake bereits 2016 im Interview. Trotzdem sei es zu Lieferengpässen gekommen. AstraZeneca sei aufgrund seiner Indikationen und seiner geografischen Präsenz besonders betroffen.

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