Im Pfusch-Prozess von Bottrop wurde heute Professor Dr. Martin Schuler von der Uniklinik Essen vernommen. Der Onkologe geht laut Correctiv-Prozessbericht davon aus, dass es schwierig wird, die Auswirkungen von unterdosierten Medikamenten auf den individuellen Krankheitsverlauf von Patienten nachzuweisen.
Schulers Aussage ist laut Correctiv besonders für die Nebenklage wichtig. Denn die Betroffenen und ihre Angehörigen streben eine Verurteilung wegen Körperverletzung oder Tötungsabsicht an. Dafür müssten die Folgen der Unterdosierung in jedem konkreten Einzelfall nachgewiesen werden können.
Laut Schuler sind gesundheitliche Folgen kaum nachweisbar, wenn der Wirkstoff nicht komplett weggelassen, sondern nur reduziert wurde. Nur bei wenigen Behandlungen könnte eine Unterdosierung eventuell nachweisbar sein, etwa bei kurativen Therapien von Brustkrebs mit Trastuzumab.
Dass man schon rein äußerlich erkennen konnte, dass die Infusionsbeutel unterdosiert waren, glaubt Schuler nicht. Seiner Aussage zufolge ist Folinsäure klar und hat keine Verfärbung. Bei der Razzia hatten der Sachverständige der Ermittler Farbunterschiede bei entsprechenden Infusionsbeuteln entdeckt.
Auch der statistische Nachweis, dass mehr Patienten verstorben seien, die Medikamente aus der Alten Apotheke erhalten hatten, ist laut Schuler schwierig. Angesprochen auf das Schicksal einer Gruppe von zehn Frauen, von denen die Hälfte inzwischen verstorben ist, sagte der Onkologe, es könne auch eine zufällige Verteilung der kleinen Auswahl sein.
Andererseits schenkt er auch den Aussagen eines Arztes zu überdurchschnittlichen Behandlungserfolgen keinen allzu großen Glauben: Dies könne genauso eine subjektive Einschätzung sein. Auch in großen Arztpraxen seien die Patienten statistisch eine kleine Gruppe. „Damit sind die Persilscheine der Ärzte, die die Verteidigung vorbringen will, wertlos“, schreibt Correctiv.
Die Verteidigung befragt Schuler nur zu Preisen und will wissen, welche Folge verunreinigte Infusionen hätten. „Mögliche Folgen wären Fieber und Kreislaufversagen“, zitiert Correctiv den Arzt. Die Anwälte des Apothekers erklären am Ende des Verhandlungstages, dass die Schadenrechnung der Staatsanwaltschaft aufgrund der Zeugenaussage von ALG-Geschäftsführer Thomas Tix fehlerhaft sei. Wegen des parallel laufenden Loveparade-Prozesses waren laut Correctiv mehrere Anwälte der Nebenklage zur Verhandlung nicht vertreten.
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