Immer länger bleiben ausgeschriebene Stellen für Apotheker vakant. Und so suchen Apothekeninhaber mittlerweile nicht nur deutschlandweit nach qualifizierten Fachkräften, sondern auch im Ausland. Dort werden sie häufig fündig. Doch die richtige Arbeit fängt damit erst an. Bis der ausländische Kollege selbstständig in einer deutschen Apotheke arbeiten kann, vergehen in der Regel einige Monate.
Gerade einmal zwei Monate arbeitete Isabel De Miguel Madronero in ihrem Beruf als Apothekerin in Madrid, als sie wohl eine der wichtigsten Entscheidungen ihres Lebens traf: Sie wagte den Sprung ins kalte Wasser und zog nach Bremerhaven. „Ich hatte schon immer Fernweh“, erzählt die junge Spanierin. Bereits zuvor sei sie viel gereist. Während ihres Pharmaziestudiums habe sie im Rahmen des Erasmus-Programms ein halbes Jahr in Frankreich verbracht. Nun sollte es eben Deutschland werden. „Ich wusste, wenn ich das jetzt nicht mache, dann mache ich es nie“, sagt sie.
Da Apotheker in Deutschland händeringend nach qualifizierten Fachkräften suchen, konnte die 26-Jährige sogar unter mehreren Angeboten wählen. Bei ihrem ersten Besuch in Deutschland hat sie sich mehrere Apotheken angeschaut. Darunter war auch die Sander-Apotheke von Thomas Anthes, der in Bremerhaven drei Guten-Tag-Apotheken betreibt. „Wir mussten es mit fünf weiteren Apotheken aufnehmen und den Kollegen aus Spanien wirklich überzeugende Argumente präsentieren“, sagt der Pharmazeut.
Es reiche allerdings nicht, ein finanziell attraktives Angebot zu machen. Um Fachkräfte für sich gewinnen zu können, müssten eine ganze Reihe weitere Faktoren ebenfalls stimmen. „Wir bemühen uns, ein hervorragendes Ausbildungsangebot auf die Beine zu stellen und die ausländischen Kolleginnen beim Erwerb von Sprachkenntnissen zu unterstützten“, so Anthes. Seinen Angaben nach werden unter anderem die Kosten für Sprachschule und Seminare übernommen, die den neuen Kollegen helfen sollen, sich in Deutschland und im deutschen Gesundheitssystem zurechtzufinden. Wichtig sei neben der Stimmung im Team aber auch Verfügbarkeit von bezahlbaren Wohnungen und das Freizeitangebot vor Ort.
Am Ende der ersten Bewerberrunde hat sich neben De Miguel und noch eine weitere spanische Kollegin für die Sander-Apotheken entschieden. Bei der zweiten Runde stieß eine weitere spanische Pharmazeutin zum Team. Sie selbst habe sich sehr schnell für Bremerhaven entscheiden, sagt De Miguel: „Ich hatte einfach ein gutes Gefühl.“
Die Idee, Apotheker aus dem EU-Ausland nach Bremerhaven zu holen, hatte Anthes bereits seit längerer Zeit. „Vor einiger Zeit war eine Apothekerin aus Slowenien im Rahmen des Erasmus-Programms bei uns”, erinnert er sich. Man habe gute Erfahrungen mit ihr gemacht. Irgendwann habe er eine E-Mail eines Kollegen bekommen, der Apotheker aus Spanien vermittelt.
Dass Anthes in Spanien nach Fachkräften hat suchen lassen, liegt am Bewerbermangel in der Region. „Zuletzt habe ich im Schnitt ein Dreivierteljahr gebraucht, um eine Stelle nachzubesetzen”, berichtet er. „Deshalb wollte ich einen anderen Weg ausprobieren.” Dass dieser nicht einfach werden würde, sei ihm schon vorher klar gewesen.
Auch Anthes bestätigt, dass die Sprache die größte Hürde darstellt. „Wir haben trotz karger Sprachkenntnisse von Anfang an ausschließlich auf Deutsch miteinander kommuniziert”, betont der Apotheker. Außerdem hätten die ausländischen Kolleginnen an einem Tag in der Woche eine auf Heilberufe spezialisierte Sprachschule besucht. Dennoch habe es etwa ein halbes Jahr gedauert, bis sie das B2-Niveau erreicht hätten. Erst dann hätten sie zumindest eine vorläufige Erlaubnis zur Ausübung der Apothekertätigkeit unter Aufsicht bekommen. Weitere vier Monate später, Anfang März, hätten sie Fachsprachenprüfung abgelegt, bei der allerdings eine Apothekerin durchgefallen sei.
Parallel mussten die neuen Angestellten alles über das deutsche Apothekenwesen lernen. Dazu dienten laut Anthes Seminare sowie Inhouse-Unterricht, der wöchentlich an einem ganzen Vormittag stattfindet und sich nicht nur an die spanischen Kolleginnen, sondern an alle Apotheker und PTA in Ausbildung in den Sander-Apotheken gerichtet ist.
„Wer denkt, dass man jemanden bekommt, den man in die Apotheke stellt und dann läuft es von allein, irrt sich gewaltig”, mahnt der Apotheker. Vielmehr binden die neuen Kollegen am Anfang vor allem personelle Ressourcen. „Man muss jemanden abstellen, der sich engmaschig um sie kümmert.” Das könnten eben nicht alle Apotheken stemmen. Für Kollegen, die die nötigen und personellen Ressourcen hätten, seien Apotheker aus dem Ausland eine echte Chance, das Team mit qualifizierten Fachkräften zu verstärken, sagt Anthes: „Sie sind motiviert und engagiert, auch weil sie sich ganz bewusst für diesen Schritt entschieden haben.”
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