aposcope-Umfrage

„Personalmangel ist eine Existenzbedrohung für unsere Apotheke“ Alexander Müller, 28.12.2021 10:17 Uhr

Berlin - 

Die Corona-Krise sorgt für eine massiv gestiegene Arbeitsbelastung in Apotheken und das E-Rezept droht den Versandhandel zu stärken. Doch die größte Bedrohung für die Branche ist aus Sicht der meisten Apotheker:innen und PTA der Fachkräftemangel. Eine große Mehrheit geht in der aktuellen aposcope-Befragung sogar davon aus, dass die Personalsituation den eigenen Betrieb im kommenden Jahr existenziell gefährden kann.

Als große Herausforderungen werden im kommenden Jahr die Digitalisierung (63 Prozent) genannt, und hier vor allem die Einführung des E-Rezepts. Allerdings wurde die Umfrage durchgeführt, bevor das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die verpflichtende Einführung zum Jahreswechsel abgeblasen hat. Mit der verlängerten Testphase dürfte die Nervosität bei diesem Thema in der Offizin etwas gesunken sein. Doch selbst vor der politischen Notbremse glaubte nur etwa jede/r dritte Befragte daran, dass das E-Rezept 2022 flächendeckend eingeführt wird.

Für das Impfen fehlt Personal

Zu den großen Herausforderungen zählen die Teams auch im neuen Jahr die Corona-Pandemie (56 Prozent). Hier kommen auf die Apotheken – vor allem mit dem Impfen – immer wieder neue Aufgaben zu. Und für die fehlt vielerorts schlicht das Personal: 47 Prozent der Inhaber:innen geben Personalmangel und -suche als eine der größten Herausforderungen im neuen Jahr an.

Voll 73 Prozent aller Befragten glauben, dass die Personalsituation in einem Jahr noch schlechter aussehen wird als derzeit. Mit einer Verbesserung der Lage rechnen dagegen nur 2,5 Prozent. Vor allem Apothekeninhaber:innen im Rentenalter stehen damit nach Einschätzung von 95 Prozent der Befragten vor einem echten Problem: Immer mehr von ihnen werden demnach keine/n Nachfolger:in finden.

Doch auch die bestehenden Apotheken leiden unter dem Personalmangel. 83 Prozent befürchten sogar, dass dieser „eine Existenzbedrohung für unsere Apotheke“ darstellt. Unter den befragten Inhaber:innen sind es immerhin noch beunruhigende 78 Prozent. Der Aussage „Ende 2022 wird die Personalsituation in Apotheken schlechter sein“ stimmen 73 Prozent der Befragten zu.

Auch wenn sich mit jeder geschlossenen Apotheke die Situation für die verbliebenen Standorte etwas entspannen wird, zeigen die Zahlen doch deutlich die existenziellen Sorgen vieler Teams. Dazu passt, dass nur 15 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass es ihrer Apotheke nächstes Jahr besser gehen wird. Die meisten rechnen mit in etwa gleichbleibenden Verhältnissen, aber immerhin 20 Prozent befürchten einen Abstieg. Mit Blick auf die gesamte Branche befürchten sogar 40 Prozent, dass es mit den Apotheken bergab geht.

Und woher soll die Zuversicht insgesamt auch kommen? Nur 8 Prozent rechnen mit Honorarzuwächsen, 32 Prozent dagegen sogar mit Kürzungen. Die Inhaber:innen rechnen mehrheitlich mit schlechteren Großhandelskonditionen. Und 78 Prozent der Befragten sehen in der Einführung des E-Rezepts eine massive Stärkung des Versandhandels. Ob die nach Ablauf der Befragung beschlossene Verschiebung an dieser Einschätzung etwas geändert hat, ist fraglich. Gleichzeitig glaubt eine Mehrheit von 53 Prozent, dass sich externe Arzneimittellieferdienste wie First A, Mayd oder Faster im Apothekenmarkt etablieren werden. Eine Vorbestellplattform wie IhreApotheken.de oder gesund.de nutzen laut Umfrage bereits 69 Prozent der Apotheken, bei weiteren 12 Prozent ist dies in Planung.

Zweifel an neuer Regierung

Die Apotheken werden entsprechend auf zusätzliche pharmazeutische Dienstleistungen angewiesen sein. Etwa die Hälfte erwartet, dass diese 2022 endlich vergütet werden. Die Ampel hat sich das zumindest im Koalitionsvertrag vorgenommen. Doch so richtig großes Vertrauen haben die Apothekenteams in die neue Regierung noch nicht: Nur 26 Prozent der Befragten glauben, dass es den Apotheken unter der Ampel besser gehen wird als unter der Großen Koalition. Hier müssen SPD, Grüne und FDP also erst noch Vertrauen aufbauen.

Zu den Vorhaben der Ampel zählt eine Liberalisierung des Cannabiskonsums. Die Apothekenteams sind gespalten, ob auch Genusscannabis in der Offizin verkauft werden sollte: 40 Prozent sind dafür, 56 Prozent dagegen.

An der aposcope-Umfrage nahmen am 14. Dezember 2021 insgesamt 314 verifizierte Apotheker:innen und PTA teil.

Speziell mit den finanziellen Bedingungen der PTA hat sich der PTA-Gehaltsreport 2021 von PTA IN LOVE in Zusammenarbeit mit der Adexa befasst. Eine ausführliche Analysen und Kommentare zur Umfrage finden Sie außerdem bei PTA IN LOVE.