„Biete niedrigen Lohn und bittere Kälte” Daniel Segal, 15.08.2016 10:22 Uhr
Gute Mitarbeiter zu finden, ist keine einfache Angelegenheit. Apotheker Manfred Weyerer hat bei seiner Suche deshalb unkonventionelle Maßnahmen ergriffen. In einer aktuellen Stellenanzeige bietet er „niedrigen Lohn“ und „bittere Kälte“. Der Plan scheint aufzugehen: Schon nach wenigen Tagen hat er mehrere qualifizierte Bewerbungen auf dem Schreibtisch.
„Suche freiwilligen Apotheker für gefährliche Reise.“ So beginnt die Stellenanzeige, mit der Manfred Weyerer, Inhaber der West-Apotheke in Fürstenfeldbruck bei München, seit dem 8. August 2016 nach einer approbierten Kraft sucht. Noch bevor der Leser wirklich weiß, worum es geht, fügt der Apotheker sogar noch eine Drohung an: Die Rückkehr von der Reise sei „ungewiss“.
Furchtsame Bewerber, so das Kalkül des 44-Jährigen, haben zu diesem Zeitpunkt bereits auf „Schließen” geklickt. Alle anderen werden für ihr Durchhaltevermögen mit einem kleinen Happy End belohnt: So seien dem potenziellen Angestellten „Ehre und Anerkennung im Fall des Erfolges“ sicher.
„Ehrlich gesagt ist meine Annonce geklaut”, sagt Weyerer und lacht. Bei einem Personalführungsseminar habe sich der Trainer auf die Originalquelle bezogen, die aus dem Jahr 1907 stammt. Damals, so schreibt Weyerer schließlich auch in seinem Anzeigentext, suchte der Ire Ernest Henry Shackleton Mitstreiter für eine Antarktis-Expedition, um den Südpol zu erobern. Nur 180 Kilometer vor dem Ziel musste die Gruppe jedoch aufgeben.
„Die Bedingungen, die Ausrüstung sowie die Heizung in Fürstenfeldbruck sind deutlich besser!”, heißt es deshalb in der Jobannonce, die trotz des unkonventionellen und humorvollen Stils einen sehr ernsthaften Hintergrund hat: den Fachkräftemangel am Apothekenmarkt.
„Es gibt schlicht und einfach zu wenige PTAs und Apotheker”, sagt Weyerer. Gutes Personal zu finden und langfristig an sich zu binden, werde dadurch „immer schwieriger“. „Mondgehälter“, wie der Fürstenfeldbrucker sagt, könne er sich außerdem nicht leisten. Erst kürzlich hat eine Apotheke mit einem Jahresgehalt von 70.000 Euro nach einem neuen Filialleiter gesucht.
In einem früheren Anzeigentext warb Weyering schon einmal mit einem ungewöhnlichen Titel: „Wer hilft mir, den Klapperstorch zu erschießen?” Eine Formulierung, für die er damals auch Kritik einstecken musste. Dabei sei es dem dreifachen Familienvater doch nur darum gegangen, auf ironische Weise ein Spezifikum der Branche zu thematisieren: den überdurchschnittlich hohen Frauenanteil und die damit verbundenen Elternzeit- und Teilzeitwünsche. Die Personalplanung werde so manchmal zu einer echten Herausforderung.
Weyerer hält an seinen ungewöhnlichen Jobannoncen fest – und der Erfolg gibt ihm Recht: Schon nach kurzer Zeit haben sich bereits mehrere vielversprechende Bewerber gemeldet. Ein konkretes Vorstellungsgespräch wurde auch schon vereinbart. „Es geht einfach darum, Aufmerksamkeit zu erregen”, beschreibt der Apotheker seine Recruitmentstrategie. Das grundsätzliche Dilemma sei damit aber natürlich nicht gelöst. Weyerer findet, dass sich schon in der Ausbildung einiges ändern müsse, um den Beruf des Apothekers wieder attraktiver zu machen. Als Beispiel nennt er das Pharmaziestudium „wie von 1895”, das dazu viel zu teuer sei.
Weyerer selbst erwarb seine Approbation 2001 und machte sich vor sechs Jahren selbstständig. Neben dem üblichen Sortiment finden Kunden in den drei Apotheken auch eine „Phytothek“ und generell ein umfangreiches Angebot in den Bereichen Naturheilkunde und Homöopathie. „Ich bin einfach ein Naturfan”, sagt Weyerer.
Neben der seit 1974 bestehenden West-Apotheke betreibt er noch zwei weitere Filialen im rund 20 Kilometer entfernten Odelzhausen. Insgesamt beschäftigt Weyerer 44 Mitarbeiter. Außerdem ist der Apotheker Partner der britischen Online-Ärzte von DrED und bedient deren Rezepte.
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