Während der Corona-Pandemie gehörte auch die Personalplanung zu den großen Problemen in den Apotheken. Zu den Ausfällen wegen Krankheit kamen auch noch angeordnete Isolationen hinzu: Denn auch wer mit Erkrankten Kontakt hatte, musste zu Hause bleiben, genauso Personen ohne Symptome. Noch immer warten Inhaberinnen und Inhaber auf Ausfallzahlungen, die sie eigentlich für das durch Quarantäne verhinderte Personal von den Ländern bekommen sollten.
Bei einem Inhaber aus Westfalen-Lippe führte diese Thematik nun zu einem bösen Erwachen: Etwa ein Drittel seiner gestellten Anträge auf Erstattung sind von der zuständigen Stelle abgelehnt worden. „Von den anderen Anträgen haben wir noch nichts gehört.“ Eigentlich hätten diese Kosten übernommen werden sollen, da die Ausfälle immerhin mit einer staatlichen Anordnung begründet waren. Dass er hier nun eventuell mit gar keinen Geldern rechnen kann, lässt ihn sprachlos zurück.
Um diese Quarantäne-Regelungen war es ruhig geworden – seit dem Ende der Pandemie verlieren laut dem Inhaber auch die rechtlichen Aspekte „von damals“ ihre Relevanz. Auch beim Apothekerverband (AVWL) waren die Ausgleichszahlungen bisher kein Thema. „Fälle, wie der von Ihnen geschilderte, liegen bei uns nicht vor“, heißt es auf Nachfrage.
Es habe lediglich einen Fall gegeben, bei dem der Ausfall erstattet wurde, aber nicht in zufriedenstellender Höhe. „Dass Ausfälle gar nicht erstattet wurden – davon haben wir wie gesagt keine Kenntnis.“ Auch bei seinem Steuerbüro ist der Apotheker der erste Fall. Sollte eine behördliche Anordnung vorliegen, könne eine Klage beim Verwaltungsgericht erwogen werden, heißt es dort.
„Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern […] Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld“, hieß es in dem für Entschädigungsleistungen geschaffenen § 56 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG).
Zuständig vor Ort ist im konkreten Fall der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Solche Fälle seien hier wiederum keine Seltenheit: „In der Tat müssen wir die meisten Anträge ablehnen.“ Dies sei mit einem Schreiben zu begründen, dass NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) Ende Juni an die Arbeitgeberverbände im Sozialbereich verschickt habe und das auf eine veränderte Rechtslage hinweise.
Hierin heißt es: „Zu den noch nicht abgeschlossenen Pandemie-Folgen gehört die mögliche Erstattung von Lohnfortzahlungen an Beschäftigte, die aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus oder als Kontaktpersonen abgesondert waren und deshalb ihre Arbeitsleistung nicht erbringen konnten, gemäß den Regelungen des Infektionsschutzgesetzes“, so Laumann. Bei den beiden in NRW dafür zuständigen Verbänden seien bisher 1,15 Millionen Anträge gestellt und etwa 950.000 davon bearbeitet worden.
Aufgrund zweier Urteile des Oberverwaltungsgerichts (OVG NRW) aus März 2023 und einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus März dieses Jahres sei die Bearbeitung der Anträge zwischenzeitlich ausgesetzt, so der Minister weiter. Die Entscheidungen hätten Abweichungen von der bisherigen Entscheidungspraxis mit sich gebracht und zu vielen Ablehnungen der Anträge geführt.
„Die bisherige Entscheidungspraxis des Landes kann mithin nicht aufrechterhalten werden. In Kürze werden die Landschaftsverbände die Bearbeitung der Verfahren wieder aufnehmen. Insbesondere mit Blick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts werden die Landschäftsverbande aller Voraussicht nach in den meisten Falle keine positive Entscheidung treffen können. Hiervon sind auch die Krankenhauser und Arbeitgeber der Pflegenden betroffen“, so Laumann im Juni.
„Nachvollziehbarerweise“ werde das „bei manchen Betroffenen Enttäuschung und Unzufriedenheit hervorrufen“, räumte Laumann ein und bat um Verständnis dafür, dass die veränderte Rechtslage umgesetzt werden müsse.
Entsprechend antwortet auch der LWL zum Fall des Inhabers: „Ein Verdienstausfall liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber trotz der nicht erfolgten Arbeitsleistung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.“ Laut des Urteils des Bundesarbeitsgericht aus März dieses Jahres sei „eine Sars-CoV-2-Infektion auch bei einem symptomlosen Verlauf eine Krankheit im Sinne des § 3 Absatz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)“. Demnach sei die oder der betroffene Angestellte des Inhabers durch den Ausfall aufgrund der damals vorliegenden Corona-Infektion regulär als arbeitsunfähig zu werten.
„Das bedeutet, dass schon der Nachweis einer Infektion mit der Folge der Absonderung die Pflicht zur Entgeltfortzahlung nach § 3 EntgFG auslöst“, heißt es in der Antwort des LWL. Die Absonderung sei die rechtlich zwingende Folge der Infektion mit dem Coronavirus, womit dies über das EntgFG abgedeckt sei. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestehe damit kein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung.
Grundsätzlich positiv entschieden werden könnten hingegen weiterhin „Fälle der der Absonderung als Kontaktperson sowie für Zeiten der Kinderbetreuung, da in diesen Fallen die Absonderung und der Verdienstausfall nicht auf einer Infektion beruhte“, heißt es aus dem NRW-Gesundheitsministerium – sofern hierfür auf alle Vorschriften geachtet werde.
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