Importarzneimittel

Penicillin: Akutversorgung für Kind wird retaxiert

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Berlin -

An einem Freitagabend versorgte Apothekeinhaberin Dr. Sybille Koch aus der Hexental-Apotheke in Merzhausen einen Neunjährigen mit einem Penicillin-Import. Damit verhinderte sie wahrscheinlich auch eine Einweisung ins Krankenhaus. Denn: Die ärztliche Diagnose lautete mittelschwere Strepptokokkeninfektion. Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) retaxierte trotzdem – die Apothekerin ist fassungslos.

Unter großen Mühen hat die Apothekerin Penicillin in Tablettenform aus Österreich importieren können. Denn in Deutschland gab es zu diesem Zeitpunkt umfangreiche Lieferengpässe. In Eigenrecherche fand sie zudem heraus: Mehrere Kinder, die im Umkreis nicht mit Penicillin versorgt werden konnten, mussten stationär in die Uniklinik Freiburg eingewiesen werden, um das Arzneimittel intravenös verabreicht zu bekommen. Das gehe natürlich mit enormen Kosten einher, erklärt Koch.

Sinnfreie Handhabe

„Allein deshalb würde ich eigentlich erwarten, dass eine solche Arzneimittelabgabe in der Apotheke von der Kasse mehr honoriert wird“, so die Apothekerin. Schließlich wurden ihr enorme Kosten erspart. Rein rechtlich wäre die Abgabe zwar genehmigungspflichtig gewesen. „Aber bei einem derart wichtigen Antibiotikum kann ich am Freitagabend keine Genehmigung einholen, die dann auch noch Tage auf sich warten lässt. Das ergibt überhaupt keinen Sinn“, ärgert sich die Apothekerin.

Für das Kind wurde zudem ein Saft verordnet: „Aber da diese Zubereitung sowieso nicht lieferbar war, haben wir die Tabletten –ohne zusätzliche Berechnung – für eine bessere Schluckbarkeit zermörsert.“ Die Retaxation der Kasse kann sie deshalb absolut nicht nachvollziehen.

Zwar hat die Inhaberin bei der Kasse einen detaillierten Widerspruch eingelegt, aber eine Rückmeldung lässt bislang noch auf sich warten. Der Fall sei ein Paradebeispiel dafür, dass „die Bürokratie komplett am echten Leben vorbeigeht“, findet sie. Schließlich hätte Koch den Patienten sonst nur unversorgt lassen können mit der Erklärung, dass auf die Genehmigung der Krankenkasse gewartet werden müsse. „Da schüttelt doch jeder mit dem Kopf, der mit einem kranken Kind vor einem steht.“

Zwei Fälle dieser Art hat die Kasse bislang retaxiert. Dabei geht es der Inhaberin keineswegs ums Finanzielle. „Eine solche Handhabe ist ein Tritt gegen den Heilberuf. Das ist keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.“

Kochs Konsequenz aus den Retaxationen: „Ich werde mich zukünftig nicht mehr in der Art engagieren. Ich werde den Patienten privat bezahlen lassen und ihn bitten, den Beleg bei der Kasse einzureichen.“ Die Apothekerin ist sich durchaus bewusst, dass das Vorgehen hier den Falschen trifft. „Aber anders scheint es nicht zu gehen. Es trifft sonst immer wieder die Apotheke und das kann es auf Dauer einfach nicht sein.“

Zeitfresser Retax

Zwar ist Kochs Apotheke von Retaxationen im vier- oder fünfstelligen Bereich bislang verschont geblieben. Dennoch: „Es gibt keinen Monat ohne Retaxationen. Sie machen vor allem eines: zusätzliche Arbeit.“ Mittlerweile ist die Apothekerin dazu übergegangen, Retaxen unter 20 Euro „aus Frust“ weder zu überprüfen noch zu widersprechen. Richtig sei das zwar auch nicht, schließlich werde der Kasse dann möglicherweise unberechtigt Geld eingespart. „Aber da ist mir meine eigene Zeit zu wertvoll. Es ergibt auch betriebswirtschaftlich keinen Sinn, sich die Fälle anzuschauen.“

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