Mit dem Vor-Ort-Stärkungsgesetz (VOASG) wurde der Anspruch der Patient:innen auf pharmazeutische Dienstleistungen gesetzlich festgeschrieben. Seit Juni können Apotheken aktiv die pDL anbieten und abrechnen. Wie werden die Leistungen von den Patient:innen angenommen und wie erfolgreich konnten teilnehmende Apotheken pDL in den Apothekenalltag integrieren? Ein Fazit nach dem ersten Abrechnungsquartal.
Die Medios Apotheke an der Charité von Anike Oleski ist eine der Apotheken, die pharmazeutische Dienstleistungen anbieten, insbesondere im onkologischen Bereich. Medial müsse die Möglichkeit zur intensiveren Beratung mehr beworben werden, so das erste Fazit des Teams. „Wir haben den Eindruck, dass einige unserer Patient:innen über Hören-Sagen über die Möglichkeit der pDL informiert wurden. Da muss noch einiges passieren. Die Leute brauchen noch mehr Information“, so eine Approbierte der Medios Apotheke.
Da diese Leistungen noch nicht weit verbreitet sind, brauche es im Gespräch mit den Kund:innen den Hinweis auf die Möglichkeit, dass Extra-Termine zur Analyse von Medikationsplänen durch die Kassen abrechenbar sind seit Juni. „Wir sprechen unsere Patient:innen dann direkt an, wenn wir sehen, dass Bedarf besteht und es ein umfangreicheres Gespräch werden könnte.“ Da die pharmazeutischen Dienstleistungen erst einmal im Quartal abgerechnet wurden, fehlt noch die Routine: „Wir können noch nicht sagen, ob wir mit dem Budget hinkommen. Die Nachfrage ist auf jeden Fall da, aber die Erfahrung wird es zeigen, ob die erbrachten Leistungen alle auch abgerechnet werden können.“ Tatsächlich können Apotheken unbegrenzt pDL abrechnen, solange genug Geld im Topf ist. Nur wenn das Budget ausgeschöpft ist, werden die Auszahlungen begrenzt. Ein Sockelbetrag von 1000 Euro pro Apotheke und Quartal wird aber immer garantiert.
Laut einer Blitzumfrage der Abda ist der Start der pDL in Brandenburg eher schleppend angelaufen im Vergleich zu anderen Bundesländern. Der Personalmangel spiele in den brandenburgischen Apotheken eine besonders große Rolle, heißt es. Immerhin 89 Prozent der Apothekenleiter begründen den schlechten Start der pDL mit fehlenden Mitarbeiter:innen.
„Es ist unter den Kolleg:innen unbestritten, dass neue pDL wie beispielsweise die erweiterte Medikationsberatung von Patient:innen, die mehrere Arzneimittel pro Tag einnehmen müssen oder die standardisierte Risikoerfassung bei Menschen mit hohem Blutdruck die Sicherheit der Arzneimitteltherapie vor allem von besonders gefährdeten Patient:innen deutlich verbessern können“, erklärt Jens Dobbert, der Präsident der Landesapothekerkammer Brandenburg. Die pDL seien ein attraktives Aufgabengebiet für den Beruf und seinen Nachwuchs. Zudem könne sich die Apotheke auch im Wettbewerb besser etablieren, wenn die pDL ein Alleinstellungsmerkmal seien, so Dobbert weiter.
Dennoch zeichnet sich anhand der Umfrage insgesamt eine geringe Beteiligung ab. Bundesweit bietet mehr die Hälfte der Apotheken diese Leistungen nicht an, in Brandenburg sind es sogar drei Viertel der Apotheken. Auch in naher Zukunft planen nur wenige Apotheken den Einstieg.
„Wenn die brandenburgische Apothekerschaft jetzt trotz der Möglichkeit eines zusätzlichen Honorars der Entwicklung auf Bundesebene wegen fehlenden pharmazeutischen Personals deutlich hinterherhinkt, ist das ein weiteres Alarmsignal, das die verantwortlichen Politiker nicht weiter ignorieren dürfen. Im Interesse der Versorgung vieler älterer und chronisch kranker Menschen muss die Politik endlich daran gehen, die Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Ausbildung und den gesicherten Apothekenbetrieb in unserem Lande schnell, wirksam und nachhaltig zu verbessern“, so Dobbert.
„Die Menschen in Brandenburg haben ein Recht darauf, in gleichem Maße wie Patient:innen in anderen Bundesländern von dem verstärkten Einsatz pharmazeutischer Kompetenz zu profitieren. Auch wenn die Landespolitik, die bislang anders entschieden hat: Die Errichtung eines pharmazeutischen Studienganges in Brandenburg wäre ein erster und wichtiger Schritt, gegen den Personalmangel in Apotheken vorzugehen“, so Dobbert. Absolut kontraproduktiv sei auch die beschlossene Erhöhung des Apothekenabschlages, so der Kammerpräsident.
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