Dienstleistung attraktiver machen

pDL: „Mir egal, was der Arzt davon hält!“

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Berlin -

Den pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) müsse in Zukunft deutlich mehr Gewichtung zugesprochen werden, ist Dr. Christian Wegner, Inhaber der Medipolis Unternehmensgruppe und der Saale-Apotheke in Jena, überzeugt. „Innerhalb des vorhandenen Rechtsrahmens müssen vernünftige pDL definiert werden – im Zusammenspiel mit den Krankenkassen, um diese Leistungen in die Fläche zu bringen.“ Er plädiert für einen Neustart. „Wir werden getrieben sein von der Krankenhausreform, der Demografie Deutschlands und dem Versorgungsbedarf. Wir müssen uns in Richtung Schwerstkrankenversorgung und langfristig in Richtung Primärversorgung orientieren.“ Es sei die Aufgabe der Standesorganisation, das zu ermöglichen und vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen, fordert er.

Was die allgemeine Apothekenlandschaft angehe, sei sicherlich vieles auf einem guten Weg, so Wegner. Er bezieht sich dabei auf das Ergebnispapier der laufenden Koalitionsverhandlungen der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege. Klar sei aber auch, dass „die Erhöhung des Apothekenfixums auf 9,50 Euro am Ende nicht zu goldenen Löffeln führe“. Mehr noch: „Die Apotheken können sich nicht zurücklehnen.“

Im Sinne einer Soforthilfe für die Apotheken sei die Erhöhung „erst mal der richtige Schritt und das richtige Zeichen“, erklärt Wegner. Aber: „Was mir in der Diskussion über die öffentlichen Apotheken wesentlich zu kurz kommt, ist das Thema ambulante Schwerstkrankenversorgung mit und durch Apotheken.“ Diese Spezialversorgung sei essenziell: „Weil sie absolut kosteneffizient und stationsersetzend ist.“ Die Orientierung der Apotheken müsse deshalb mehr in Richtung pDL und Telemedizin in der Fläche gehen.

pDL-Topf ist keine Soforthilfe

Für Wegner ist eine Sofortauszahlung aus dem 445 Millionen schweren pDL-Topf deshalb „auf keinen Fall“ eine Option. „Das wäre das völlig falsche Zeichen“, macht er deutlich. „Ein Dienstleistungsspektrum, das unabhängig von der Abgabe eines Medikamentes existiert, ist ein Leistungsbereich, der sich immer weiter entwickeln sollte und auch wird. Ich würde einen Teufel tun und diesen Dienstleistungstopf dafür anfassen.“

Ganz im Gegenteil: „Der Weg muss sein, den Apotheken zu ermöglichen, die pDL zu erbringen. Mein Votum wäre, die drei wesentlichen pDL, sprich die, von denen die Patienten mit einer Steigerung der Adhärenz am meisten profitieren, besser zu vergüten“, so Wegner, der sich damit auf die Polymedikationsanalyse, die Beratung von Patenten mit oraler onkologischer Therapie und Organtransplantierten bezieht. „Diese Leistungen müssen attraktiver gemacht werden für alle Apotheken.“

„Mir egal, was der Arzt von pDL hält“

Auf die Unterstützung der umliegenden Arztpraxen sollten Apotheke dabei nur bedingt zählen. Angesprochen auf einen Vorfall, als ein Patient verbal von einem Arzt angegriffen wurde, da er dem Arzt eine pDL-Analyse vorlegte, zeigt Wegner klare Kante: „Mir ist es ehrlich gesagt völlig egal, wie die Ärzte die pDL finden. Diese Leistung ist vorrangig für die Patienten gedacht.“ Wenn zudem wissenschaftlich erwiesen sei, „dass pDL zu mehr Zufriedenheit und besserer Lebensqualität und insbesondere längerem Gesamtüberleben führen“, sei es zweitrangig, was Hausärzte darüber denken. „Da muss man im Patienteninteresse handeln“, stellt Wegner klar.

Er eröffnet zudem eine Perspektive: „Wenn die elektronische Patientenakte ausgerollt wird, dann sieht jede PTA und jeder Apotheker, der einen Patienten vor sich hat, wer von diesen Menschen anspruchsberechtigt ist für eine pDL. Und wenn ich es überspitzt formulieren darf: Jeder, der in so einem Moment dem Patienten die pDL, die nachgewiesen die Lebensqualität und Lebensdauer erhöhen kann, nicht anbietet, der verzichtet bewusst auf vorhandene Unterstützungsmöglichkeiten“, so Wegner. „Die pDL werden die Zukunft sein. Zudem ist die Ausweitung der Impfungen und assistierter Telemedizin für die Apotheken wichtig.“

pDL als Alleinstellungsmerkmal

Denn dies sei ein Kreis von Leistungen, in den sich die Apotheken in Zukunft massiv einbringen können, um das System zu entlasten, um die Adhärenz zu steigern und um die Primärversorgung mit geringeren Zugangslimitationen zu ermöglichen. „Dadurch würde sich ein weiteres Gebiet der Unverzichtbarkeit erarbeitet“, so Wegner. „Denn genau das ist ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Versandhandel.“

Er geht noch einen Schritt weiter: „Man muss den Apotheken ermöglichen, die pDL im Onlineformat zu erbringen. Ich kenne natürlich auch das Argument, dass der Versandhandel dann 200 Apotheker hinsetzt, die das den ganzen Tag machen, aber dann machen sie es halt“, so Wegner. „Dann kommt die Leistung wenigstens bei den Patienten an.“ Er betont: „Die pDL ist nicht für die Apotheken da, sondern für die Patienten, denn sie profitieren von diesem heilberuflichen Auftrag.“

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