„Bekomme nur Hungerlohn“

pDL für 28 Medikamente mit 72 Wechselwirkungen

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Berlin -

In der Platanen-Apotheke in Gera gehören pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) zu den wöchentlichen Aufgaben. Inhaberin Diana Schneider stand jedoch kürzlich vor einer kaum zu bewältigenden Aufgabe. „Ein Patient kam mit einem Medikationsplan, der 28 Arzneimittel umfasste“, so die Apothekerin. Für die Analyse, die mehrere Stunden in Anspruch nimmt, bekommt sie lediglich 90 Euro. Eins ist klar: „Ein guter Stundenlohn ist das nicht.“

Ein multimorbider Patient bittet Schneider um eine Analyse seines Medikationsplanes. „Es stehen insgesamt 28 verschiedene Arzneimittel auf dem Plan. Der Betroffene möchte weniger Tabletten schlucken und bat mich um Hilfe“, so die Inhaberin. „Ich habe angefangen mich damit zu beschäftigen und auch Kolleg:innen um Rat gefragt, da die Einnahmemenge ein Extrem darstellt“, erklärt sie. Bei einer ersten Analyse fiel auf: „Es sind sage und schreibe 72 Wechselwirkungen bekannt geworden.“ Der Patient sei kein Stammkunde, so dass die vielen Wechselwirkungen noch nicht bekannt waren.

Die komplette Analyse würde mehrere Stunden in Anspruch nehmen, so Schneider. Denn: Es werde alles geprüft. Von Doppelmedikation, Interaktionen bis hin zu Anwendungsproblemen und Therapietreue. „Die Patienten sollen alles, was sie einnehmen, zum Gespräch mitbringen, auch was sie aus der Drogerie haben. Ich bitte zusätzlich noch um die Laborwerte, um die Nierenwerte zu prüfen.“

Die große Frage: „Was kann man da für 90 Euro machen“, so Schneider. Denn in dieser Höhe wird die Dienstleistung als Gesamtleistung netto abgerechnet. „Das ist ein Hungerlohn und entspricht nicht annähernd einer angemessenen Wertschätzung“, so die Apothekerin. „Natürlich ist eine Medikationsanalyse mit Aufwand verbunden, aber sie macht uns auch viel Spaß. Ich wünsche mir eine deutlich bessere Vergütung.“

Dem betroffenen Patienten hat sie aufgrund der enormen Fülle an Arzneimitteln vorerst nur einige Empfehlungen ausgesprochen. „Leider ist er finanziell so schlecht aufgestellt, dass er sich Mittel aus der Selbstmedikation nicht leisten kann. Da er zudem weitere Beschwerden benannt hat, habe ich ihn zum Hausarzt geschickt, um das weitere Vorgehen zu besprechen“, erklärt Schneider. Dabei sei rausgekommen: „Die Arztpraxis möchte nicht, dass wir bei diesem Patienten eine Medikationsanalyse machen. So können wir leider nur Empfehlungen aussprechen.“

Dabei ist sie sicher: „Ein Schulterschluss mit den Arztpraxen im Hinblick auf die pDL wäre sehr wünschenswert.“ Klar sei, dass die Apotheke nicht in die Therapiehoheit der Ärzte eingreifen wolle. „Aber meist kommt doch bei den Apotheken vor Ort alles zusammen“, so Schneider. Will heißen: „Fachärzte und Hausärzte kommunizieren nicht immer optimal miteinander. Hinzu kommen die Mittel, die in der Drogerie oder im Supermarkt gekauft werden. Wir können all das erfassen und auswerten, das müsste eigentlich eine enorme Unterstützung für die Arztpraxen sein.“

Deshalb wünscht sich Schneider: „Eine engere Zusammenarbeit mit den Verordnern. Wir wollen niemandem auf den Schlips treten und auch keine endgültigen Entscheidungen treffen.“ Mit den umliegenden Ärzten habe sie zwar einen guten Draht: „Ich habe schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass es in nächster Zeit vermehrt zu pDL kommen wird.“ Aber, die Rückmeldung dauere meist mehr als eine Woche: „Auf ein Feedback zu unseren Einahme-Empfehlungen warten wir oft lange oder gar vergeblich“, so die Pharmazeutin.

Und dennoch: „Das Feedback der Kunden und Kundinnen bestätigt unser aktives Angebot“, so Schneider. Die pDL werden sehr gern angenommen. „Die Menschen sind dankbar, wenn wir uns die Zeit nehmen über die Medikationen zu sprechen.“ Dabei könne auch der ein oder andere Fehler vermieden werden: „Manchmal sind es simple Sachen wie der Einnahmezeitpunkt oder mögliche Wechselwirkungen mit Lebensmitteln“, so Schneider. „Es hilft den Patienten aber auch enorm weiter, wenn wir mit einer pDL dazu beitragen können, die Menge der Tabletten zu reduzieren“, so die Inhaberin.

Selbst wenn das Teilen einer Tablette entfalle, sei das für Patient:innen eine Erleichterung: „Beim Teilen kann auch vieles schiefgehen. Und warum soll der Patient zweimal am Tag eine halbe Tablette nehmen, wenn sie 24 Stunden wirkt?“

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