Er war der größte Abnehmer von Paxlovid in Berlin, wusste aber nach eigenem Bekunden nichts davon, dass er die Ware nicht weiterverkaufen durfte. In seinem Prozess vor dem Landgericht (LG) versuchte der angeklagte Apotheker aus Neukölln am ersten Verhandlungstag, seine Taten zu rechtfertigen sowie zu relativieren und zeigte sich dabei kooperativ.
An sechs verschiedenen Tagen zwischen dem 2. und dem 12. Januar verkaufte der Apotheker große Mengen des Corona-Medikaments an einen Mann, der bislang nicht ausfindig gemacht werden konnte und damit als unbekannt gilt. Er habe ihn zuvor schon einmal im Bezirk gesehen, berichtete die zuständige Ermittlerin aus den Vernehmungen. Irgendwann sei er dann in die Apotheke gekommen und habe ihn gefragt, ob er Paxlovid besorgen könne.
Am Anfang habe man sogar noch über den Preis verhandelt. „Woanders bekomme ich das billiger“, soll der Mann gesagt haben. Schließlich einigte man sich auf 35 Euro netto. Und so spazierte der unbekannte Abnehmer mal dreimal mit rund 300, zweimal mit 500 und einmal sogar knapp 800 Packungen aus der Apotheke.
Bei den Ermittlungen und vor Gericht zeigte sich der Angeklagte geständig und kooperativ. Er stamme aus einer Apothekerfamilie und führe eine kleine Kiezapotheke, hieß es in einer von der Verteidigung verlesenen Erklärung. Nie zuvor sei er mit dem Strafrecht in Berührung gekommen, dass er in diesem Fall rechtswidrig gehandelt habe, habe er verstanden und er entschuldige sich. Mit seiner Apotheke habe er zudem nie reich werden, sondern immer nur helfen wollen, denn er bezeichne sich selbst als „Apotheker mit Herz“.
Während der Pandemie sei eine Flut an Informationen über ihn hereingebrochen, er habe schlichtweg nicht gewusst, dass die Packungen nicht ihm gehörten und dass er sie nicht weiterverkaufen durfte. Durch die Bestellung bei seinen regulären Großhändlern sei ihm nicht in den Sinn gekommen, dass der Bund einen Eigentumsvorbehalt geltend mache.
Zunächst einmal sei es der Großhandel gewesen, der ihn und seine Angestellten regelrecht bedrängt habe, das Medikament in größeren Mengen zu bestellen. Immerhin konnten die Lieferanten selbst 20 Euro für den Aufwand abrechnen, so seine Erklärung. Dass er die Ware nie bezahlen musste, habe ihn nicht weiter gekümmert. Seine Apotheke wäre dazu auch wirtschaftlich gar nicht der Lage gewesen.
Auch das Risiko der Vorratshaltung von etlichen Packungen Paxlovid wäre er gar nicht erst eingegangen. Ein weiteres Indiz für den angeblichen Eigentumsübergang sei für ihn der Fakt gewesen, dass „man als Apotheke damals unbegrenzt Paxlovid bestellen konnte“. Im Übrigen habe der Bund die Apotheken mit der Verantwortung alleine gelassen und ihnen damit Raum für Entscheidungen gegeben.
Dennoch sei er davon ausgegangen, dass er die Packungen auch erworben habe. Über einen Eigentumsvorbehalt habe ihn niemand je in Kenntnis gesetzt, auch die Großhändler im Rahmen der Bestellungen nicht. Erst am 23. Januar habe er ein entsprechendes Rundfax des Berliner Apothekervereins erhalten mit den entsprechenden Informationen.
Dass er sie dann weiterverkauft habe, sei auch der kurzen Restlaufzeit geschuldet gewesen. Er hätte sie sonst nämlich ohnehin vernichten müssen. Der Presse habe er damals zudem entnommen, dass sich das Medikament als regelrechter „Ladenhüter“ entpuppte. So habe er von allen erworbenen Paxlovid-Packungen schlussendlich sogar noch 700 zur Retoure angemeldet.
Und den Preis habe er erst im Nachhinein erfahren. „Das war ein gut gehütetes Geheimnis“, so seine Angaben. Ohnehin habe der Listenpreis von Pfizer nicht dem Marktwert entsprochen, argumentierten seine Anwälte mit Blick auf die Höhe des Schadens, für den sich ihr Mandant verantworten muss.
Er habe auch nicht aus grobem Eigennutz gehandelt: „Ich wollte mich nicht daran bereichern“, so der Angeklagte. Der Gewinn sei jedenfalls für die Größe seiner Apotheke nicht ungewöhnlich hoch gewesen. Zudem habe er den gesamten Gewinn ordnungsgemäß versteuert.