Gerichte verhandeln seit Jahren immer wieder darüber, was Apotheker eigentlich tun, wenn sie Schmerzpumpen befüllen oder Parenteralia applikationsfertig machen. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied 2012, dass dabei keine neuen Arzneimittel entstehen und es sich daher nicht um eine Rezeptur handelt. Doch eine Rekonstitution ist es – zumindest aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) – auch nicht.
Das BVerwG hat in einem aktuellen Beschluss die Beschwerde eines Apothekers abgewiesen, der die Zubereitungen als Rekonstitution verstanden wissen wollte. Dabei ging es konkret um die Befüllung von Schmerzpumpen und die Herstellung von antibiotischen Augenarzneimitteln, parenteralen Ernährungslösungen, niedermolekularen Heparinen, Opiatlösungen, sonstigen Schmerzlösungen und anderen Lösungen zur externen photodynamischen Therapie.
Weil die Räumlichkeiten des Apothekers nicht den Vorgaben der Good-Manufacturing-Practice (GMP) entsprachen, untersagte die Aufsicht ihm diese Tätigkeiten. Mängel gab es sowohl bei der raumlufttechnischen Anlage als auch bei den Reinräumen. Deshalb wurde dem Apotheker verboten, sterile patientenindividuelle parenterale Arzneimittel herzustellen, wenn diese keinem Sterilisationsverfahren im Endbehältnis unterzogen werden.
Der Apotheker bestritt gar nicht, dass sein Räumlichkeiten nicht den Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) genügten. Er wandte allerdings ein, dass die ihm untersagte Tätigkeit keine Herstellung, sondern lediglich eine Rekonstitution sei und damit nicht der arzneimittelrechtlichen Überwachung unterliege. Er fülle das jeweils zugelassene Fertigarzneimittel auf und anschließend in ein anderes Behältnis um.
Das sahen sowohl das Verwaltungsgericht Potsdam als auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) anders. Das OVG entschied im vergangenen Jahr, dass unter den Begriff Rekonstitution nur „einfache, gegebenenfalls auch vom Verbraucher ausführbare Tätigkeiten fallen können“. Das treffe auf die Zubereitungen der Apotheke nicht zu.
Das Argument des Apothekers, dass das Verdünnen von Arzneimittel sogar freihändig von Ärzten, Krankenschwestern und anderem Pflegepersonal unter weniger sterilen Bedingungen vorgenommen werde, ließen die Richter nicht gelten. Diese Tätigkeit sei eine erlaubnispflichtige Herstellung, von der lediglich Ärzte und Angehörige der Heilberufe unter der Bedingung ausgenommen seien, dass das Arzneimittel unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung zur persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten hergestellt werde.
Das OVG hatte keine Revision zum BVerwG zugelassen. Dagegen hatte der Apotheker Beschwerde in Leipzig eingelegt. Das BVerwG wies diese ab. Laut Arzneimittelgesetz (AMG) sei unter Rekonstitution „die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage“ zu verstehen. Mit dem Begriff würden daher – wie vom OVG zurecht ausgeführt – nur einfache Herstellungstätigkeiten erfasst.
Ob die Tätigkeit zur Herstellung eines Arzneimittels als einfache Vorgang angesehen werden könne, sei eine Frage des Einzelfalls. Daher habe die Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Und die Frage, ob patientenindividuelle Arzneimittel zur parenteralen Anwendung generell von der Rekonstitution ausgenommen seien, gehe in ihrer Allgemeinheit über den Sachverhalt hinaus.
Dass der BGH die Sache vermeintlich anders bewertet hat, hatte schon das OVG nicht als Problem gesehen. Denn der Erste Senat habe die Zubereitungen eben nicht als Rekonstitution bezeichnet, sondern lediglich ausgeführt, dass es sich dabei nicht um eine Rezeptur handele.
Tatsächlich hatte diese Einschätzung die Branche überrascht, denn so hatte es keiner der Beteiligten gesehen. Daher sprach der Fünfte Senat den betroffenen Apotheker, der nicht zugelassene Fertigarzneimittel für die Zubereitungen verwendet hatte, Ende 2014 dennoch frei – wegen Irrtums.
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