KBV will unzuverlässige E-Rezepte umgehen

Papierrezepte bis Juni: Apotheken sollen sich bei Ärzten melden

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Berlin -

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und die Gematik lassen sich weiterhin nicht beirren und halten an der E-Rezept-Einführung fest – also ziehen die Ärzte eine Notbremse nach der anderen. Ob es reicht, wird sich zeigen: Wahrscheinlich müssen Apotheker und Ärzte im Januar besonders eng zusammenarbeiten, wenn sie unkalkulierbare Risiken vermeiden wollen.

Apotheken dürften gut daran tun, sich bei ihren Rechenzentren ehrliche Auskunft darüber zu holen, ob sie im Januar mit der reibungslosen Abrechnung von E-Rezepten rechnen können oder ob es da noch Probleme gibt. Bei der Entscheidungsfindung helfen dürfte das anwaltliche Gutachten im Auftrag des Branchenverbands VDARZ: Dies war zu dem Ergebnis gekommen, dass es „erhebliche Risiken hinsichtlich der Abrechenbarkeit elektronischer Verordnungen“ gebe. Die Schwachstellen, die die Rechenzentren aufgezeigt hätten, könnten laut Gutachten „möglicherweise dazu führen, dass die Annahme eines E-Rezeptes aktuell, bis die Defizite behoben sind oder eine verbindliche Vorgabe des Bundesministeriums für Gesundheit vorliegt, eine individuelle Entscheidung der jeweiligen Krankenkasse ist“. Wer sich nicht imstande sieht, diese Gefahr zu tragen, sollte sich damit wohl ziemlich bald an seine Verordner wenden.

Denn die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat im Streit um das E-Rezept die nächste Eskalationsstufe gezündet. In einem Schreiben vom Mittwoch empfiehlt sie den Vertragsärzten ohne Abstimmung mit BMG oder GKV-Spitzenverband: „Sofern die Apotheken in räumlicher Nähe zur Praxis nicht in der Lage oder nicht dazu bereit sind E-Rezepte zu empfangen und einzulösen, kann die Vertragsarztpraxis dem Versicherten ein Papierrezept auf Muster 16 ausstellen.“

Die Frage ist nur: Wie soll das funktionieren? „Wir rufen hier nicht zum Rechtsbruch auf. Das ist eine sehr pragmatische Herangehensweise“, erklärt die KBV auf Anfrage. Das heißt: Die gesetzliche Regelung, dass ein Arzt E-Rezepte ausstellen muss, soweit er technisch dazu in der Lage ist, besteht weiter. Bisher war darunter zu verstehen – und von der KBV auch in einer Richtlinie festgehalten worden – dass sich das lediglich auf das notwendige Update in den Praxisverwaltungssystemen bezieht. Auch die werden voraussichtlich in der Mehrzahl der Arztpraxen zu Jahresbeginn noch nicht aufgespielt sein.

Die KBV erweitert nun aber den interpretationsspielraum: Nur weil ein E-Rezept die Praxis verlässt, ist es noch nicht gleich voll funktionsfähig. Muss der Arzt davon ausgehen, dass es im relevanten Umfeld seiner Praxis nicht korrekt eingelöst werden kann, kann er demnach weiter Muster-16-Rezepte ausstellen.

Und hier kommen die Apotheken ins Spiel: „Man muss kein Pessimist sein, um vorauszusehen, dass das am 1. Januar nicht überall reibungslos funktionieren wird“, so ein KBV-Sprecher. „Wenn eine Apotheke sagt, dass sie kein E-Rezept annehmen und korrekt bedienen kann, ist sie gut beraten, das dem Arzt in ihrer Umgebung mitzuteilen. Beide Seiten sollten das dann dokumentieren.“

Kritik an der Abda

Apotheken, die davon ausgehen, dass sie in ihrer Kombination aus Warenwirtschaft und Rechenzentrum nicht korrekt funktioniert, sollten also schon einmal überlegen, ob sie diese Karte ziehen wollen. Eigentlich wäre es an der Abda gewesen, hier Klarheit herzustellen. „Die anderen Standesvertretungen wären gut beraten, da Handreichungen für ihre Mitglieder zu geben“, sagt auch die KBV. „Das hat auch etwas mit der Versorgung zu tun, denn es wäre fatal, wenn Praxen einige Tage schließen müssten, weil sie keine funktionierenden Verordnungen ausstellen können.“

Dass es bei den Verordnungen auch jenseits der Praxen noch zu Schwierigkeiten kommen kann, hat die KBV dabei schon explizit mit einberechnet. So sieht sie etwa hinsichtlich der Signaturprüfung „erhebliche Bedenken angesichts des noch laufenden Feldtests der Gematik und nicht hinreichend erprobter Anwendungen, ob eine fehlerfreie Ausstellung, Übermittlung, Annahme und Abrechnung von elektronischen Rezepten ab dem 1. Januar 2022 möglich sein wird“. Auch hier müsse eine breite Anwendung des Ersatzverfahrens mit Muster 16 möglich sein, um die Versorgung mit Arzneimitteln aufrecht zu erhalten.

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