Weil die Frage der Gleichpreisigkeit von der Politik noch immer nicht gelöst ist, hängt auch die Vergütung für neue pharmazeutische Dienstleistungen in der Luft. Gabriele Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, hat diese Hängepartie bei der Frühjahrssitzung des Apothekerparlamentes kritisiert. Pharmazeutische Dienstleistungen dürften nicht mit Rechtsfragen vermengt werden.
Mehr als zweieinhalb Jahre nach einem EuGH-Urteil zu Rx-Boni warten die Apotheken hierzulande weiterhin auf eine politische Lösung des Problems. Seit dem Spruch aus Luxemburg ist es Versandapotheken aus dem europäischen Ausland – und nur ihnen – erlaubt, Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel zu gewähren. Für Overwiening ein unhaltbarer Zustand: „Wir brauchen eine verlässliche Gleichpreisigkeit über alle Versorgungsformen hinweg.“
Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgelegte Apothekenstärkungsgesetz hat der AKWL-Präsidentin zufolge ein grundsätzliches Problem. Die Regierungskoalition versuche nämlich, das Problem der Ungleichpreisigkeit zu lösen und gleichzeitig die Grundlage für die packungsunabhängige Vergütung pharmazeutischer Dienstleistungen zu etablieren. „Wir dürfen diese beiden Vorhaben nicht miteinander vermischen“, fordert Overwiening.
Genau das geschehe jedoch in der aktuellen Debatte durch nahezu allen Beteiligten: „Ich halte es für verantwortungslos, wenn Vertreter unseres Berufsstandes diesen Einstieg in eine neue pharmazeutische Welt mit Blick auf ungelöste Rechtsfragen in Bezug auf den Versandhandel blockieren“, kritisiert Overwiening. „Nicht minder verantwortungslos agieren aber auch Politiker, wenn sie ebendiesen Einstieg mit unserer Zustimmung zu einem rechtlich womöglich wackeligen Kompromiss verknüpfen.“
Ein weiteres bestimmendes Thema der Frühjahrsitzung war laut Kammer die Sicherung einer wohnortnahen Gesundheitsversorgung mit Schwerpunkt auf dem ländlichen Raum: Wie sichern wir die Versorgung der Patienten durch die Apotheke, wenn Arztpraxen schließen? Wie halten wir dann Apotheken in den Städten und Stadtteilen, bis dort wieder neue Ärzte sesshaft werden? Wie können wir die Digitalisierung nutzen, um Versorgung zu stabilisieren? Diesen Fragen gingen die Delegierten nach einem Impulsvortrag von Helmut Watzlawik, Abteilungsleiter im NRW-Gesundheitsministerium, nach.
Nach Angaben der Veranstalter 92 Delegierte hatten sich bei hochsommerlichen Temperaturen zu ihrer zehnten und letzten Arbeitssitzung der Wahlperiode versammelt. Am kommenden Mittwoch erfolgt dann die Stimmenauszählung für die nächste Wahlperiode von 2019 bis 2024, erstmals in einer Kombination aus Online- und Briefwahl. „Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass uns die bundespolitische Ungewissheit auch bis in die neue Wahlperiode begleiten wird“, kommentierte Overwiening.
Westfalen-Lippe hat 2018 das 14. Jahr einen Rückgang der Apotheken erlebt. Der Nettoverlust um 51 Standorten auf nunmehr 1922 ist der stärkste in der 73-jährigen Geschichte der Kammer. Zum 30. Juni 2019 werden es sogar nur noch 1910 Apotheken sein.Die Zahl der Arbeitsplätze in den Apotheken hat sich leicht von 16.469 auf 16.632 erhöht – allerdings bei einem deutlichen Trend zu mehr Teilzeitarbeit. 478 Apotheken in Westfalen-Lippe werden als Filiale betrieben. „In den vergangenen 15 Jahren haben zwei von fünf Inhabern ihre Selbstständigkeit aufgegeben“, konstatiert Overwiening.
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