Bestell- und Lieferstopp bei GSK/Novartis APOTHEKE ADHOC, 04.03.2016 14:28 Uhr
Ein Jahr nach dem Start des Joint Ventures von GlaxoSmithKline (GSK) und Novartis werden die Systeme umgestellt. Apotheken können deshalb mehr als einen Monat lang keine OTC-Präparate bestellen. Auch die Auslieferung liegt in dieser Zeit lahm.
Das neue Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in München soll künftig unter dem Namen GSK Consumer Healthcare firmieren. Deshalb werden ab Mitte März die Systeme angeglichen. Dadurch fällt das Direktgeschäft voraussichtlich bis 25. April aus. Apotheken sollen die Bestellungen für die Monate März und April bis zum 16. März schicken. Spätere Eingänge können den Unternehmen zufolge nicht mehr angenommen werden.
Apotheken könnten seit Januar beide Portfolios aus einer Hand bestellen, sagt eine Sprecherin. Dazu gehörten Marken wie Voltaren, Fenistil, Otriven, Chlorhexamed, Cetebe und Physiogel. Im nächsten Schritt würden die EDV-Systeme umgestellt. Die Apotheken seien bereits informiert worden. Der Großhandel sei entsprechend bevorratet und könne die Produkte zu jeder Zeit wie gewohnt liefern.
Insgesamt kommt GSK Consumer Healthcare in Deutschland auf Erlöse von rund 470 Millionen Euro auf Basis der Herstelllerabgabepreise (APU). Rund 280 Millionen Euro entfallen auf OTC-Produkte, der Rest wird mit Zahnpflegeprodukten vor allem im Mass Market umgesetzt. 80 Prozent der Umsätze werden mit neun Marken erzielt, allen voran Voltaren mit 115 Millionen Euro, Sensodyne und Dr. Best mit je 80 Millionen Euro und Odol mit 70 Millionen Euro. Weitere wichtige Apothekenprodukte sind Fenistil, Lamisil, Otriven, Nicotinell und Lemocin sowie Chlorhexamed, Zovirax und Cetebe.
Novartis war mit seinen Produkten in Deutschland bislang nur in der Apotheke vertreten, entsprechend wurde der gesamte Umsatz von 200 Millionen Euro in der Offizin erzielt. Bei GSK spielte dieser Bereich eine untergeordnete Rolle; der Konzern war nach dem Verkauf von Granufink & Co. nicht einmal unter den Top-20.
Dafür hatte GSK im Mass Market einen festen Stand: Im Bereich der Zahncremes kommen Odol-med3, Sensodyne und Parodontax auf einen Marktanteil von rund 25 Prozent, genauso wie Odol im Bereich der Mundspüllösungen. Unter den Handzahnbürsten kommt Dr. Best trotz Verlusten nach wie vor auf rund 40 Prozent. An Bedeutung verloren hat dagegen Corega im Bereich der Haftcremes und Reiniger für Zahnersatz: Hier liegen Procter & Gamble (blend-a-dent) beziehungsweise Reckitt Benckiser (Kukident) vorn.
In diesem Bereich spielte die Apotheke als Vertriebskanal für GSK so gut wie keine Rolle: Ein niedriger einstelliger Millionenbetrag wurde zuletzt mit den Zahnpflegeprodukten in der Freiwahl umgesetzt; der Marktanteil von GSK liegt bei 9 Prozent. Mit der apothekenpflichtigen Mundspüllösung Chlorhexamed im Rücken, die knapp 20 Millionen Euro erlöst, könnte der Konzern dem Platzhirsch CP Gaba künftig verstärkt Druck machen, der in den Apotheken auf einen Anteil von rund einem Drittel kommt.
Die Gründung des OTC-Gemeinschaftsunternehmens war Teil des 18,5 Milliarden US-Dollar schweren Tauschgeschäfts, das die Konzerne im April 2014 verkündet hatten. Durch die Fusion mit GSK sowie den Verkauf der Impfstoffsparte entledigte sich Novartis auf einen Schlag von zwei Geschäftsfeldern, die nicht nur vergleichsweise klein sind, sondern in den vergangenen Jahren auch mit Problemen zu kämpfen hatten.
An dem Gemeinschaftsunternehmen halten GSK 63,5 und Novartis 36,5 Prozent der Anteile. Weltweit ist das neue Gemeinschaftsunternehmen mit einem Umsatz von zehn Milliarden US-Dollar die Nummer 1 im OTC-Geschäft vor Bayer mit 7,4 Milliarden Dollar sowie Johnson & Johnson (J&J). Mehr als die Hälfte des Geschäfts entfällt auf Marken mit Erlösen von jeweils mehr als 300 Millionen Dollar. Novartis könnte sich auf lange Sicht aus dem Joint Venture zurückziehen.
Die Geschäftsführung für die DACH-Region hat Erhard Heck übernommen. Thomas Maurer ist sein neuer Marketingleiter. Das Europa- und Amerikageschäft leitet Brian McNamara (Novartis), die Gesamtverantwortung hat Emma Walmsley (GSK). Die Hamburger GSK-Zentrale für Nordwesteuropa wurde aufgegeben.