OTC-Empfehlung: Arzt sticht Apotheker APOTHEKE ADHOC, 07.04.2015 13:55 Uhr
Apotheker werden regelmäßig für den Verkauf vermeintlich unnützer OTC-Präparate kritisiert. Dabei ist es oft gar nicht die Empfehlung des Apothekers, die den Ausschlag gibt. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Sempora bekommt der Tipp des Arztes immer größeres Gewicht. Das merken auch die Hersteller, die ihren Außendienst verstärkt in die Praxen schicken wollen.
Sempora hatte unter anderem 203 Apotheker befragt. 65 Prozent davon gaben an, dass es schwer sei, den Kunden von einer Alternative zu überzeugen, wenn der Arzt zuvor ein anderes OTC empfohlen habe. Und das passiert offenbar immer öfter: Laut der Studie wurden im Jahr 2014 fast 96 Millionen OTC-Packungen auf Empfehlung des Mediziners abgegeben. Das entspricht 16 Prozent aller rezeptfreien Verkäufe.
Die Apotheker liegen in dieser Statistik zwar immer noch vorn, da ihre Vorschläge 18 Prozent der Verkäufe ausmachen. Doch der Trend zeigt in die andere Richtung: Während die Bedeutung der Apothekenempfehlung seit 2008 um 3 Prozentpunkte abgenommen hat, stieg der Wert bei den Ärzten leicht um 1 Prozentpunkt.
Das hat Einfluss auf das Standing der Hersteller: 39 Prozent der befragten Apotheker bestätigten, dass OTC-Hersteller, deren Produkte vom Arzt empfohlen werden, eine überdurchschnittlich hohe Wertschätzung genießen.
Der Tipp des Arztes wirkt sich laut Sempora dreifach aus. So steigt bei den Patienten einerseits die Preisbereitschaft: Je nach Produkttyp seien die Kunden willens, zwischen 5 und 54 Prozent mehr zu bezahlen. Die Empfehlung führe zudem zu einer 50 Prozent höheren Packungszahl pro Jahr.
Schließlich sei die Empfehlung aus der Praxis auch nachhaltiger: 59 Prozent der Verkäufe nach Arztempfehlung beruhen demnach auf einem Ratschlag, der mehr als drei Monate zurückliegt. Gerade dieser „Depoteffekt“ unterscheide die Empfehlung von der Wirkung klassischer Werbung.
Den Herstellern ist das nicht entgangen. Von den 45 von Sempora befragten OTC-Herstellern glauben 62 Prozent, dass die Relevanz der arztgestützten Selbstmedikation (ASM) in den nächsten Jahren zunehmen wird. Und dabei glauben 83 Prozent der Firmen, dass ASM schon heute eine große Bedeutung zukommt.
Wichtigstes Anliegen der Hersteller ist dabei natürlich die Gewinnung von Neukunden: 92 Prozent der Firmen gaben dies als Ziel an. 86 Prozent wollen außerdem einer Trivialisierung der OTC-Arzneimittel entgegenwirken.
Sempora hatte außerdem 105 Hausärzte zum Thema befragt. Von ihnen glauben 65 Prozent, dass ihre Empfehlungen dabei helfen, Kosten im Gesundheitswesen zu reduzieren. Gut die Hälfte spricht von einer sinnvollen Therapieergänzung. Laut Studie verlässt jeder fünfte von durchschnittlich 75 behandelten Patienten pro Tag die Hausarztpraxis mit einer OTC-Empfehlung. Und davon kaufen 80 Prozent das entsprechende Produkt tatsächlich in der Apotheke.
Spannend ist an den Ergebnissen, dass es zwischen den Indikationen große Unterschiede in der Bedeutung der Arztempfehlung gibt: Während Vitamin D-Präparate zu fast 60 Prozent auf Rat aus der Praxis gekauft werden, sind es bei Migränemitteln gerade einmal 4 Prozent.