Zertifikat auf Bestellung

Tele-Schnelltests unzulässig

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Berlin -

Online ausgestellte Zertifikate für Selbsttests genügen den Anforderungen aus Sicht des Landgerichts Hamburg nicht. Ohne mündliche Verhandlung wurde dem Unternehmen Dr Ansay vorläufig untersagt, solche Testzertifikate zu bewerben, wenn der Test nicht von dem ausstellenden Arzt oder der Ärztin vorgenommen und überwacht wird. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Dr Ansay warb auf seiner Internetseite für ein Selbsttest-Zertifikat „für freien Zugang für alle zu Restaurant, Arbeit, Bus & Bahn etc.“ Die Zertifikate sollten laut Werbung überall dort eingesetzt werden können, wo die 3G oder 2G+- Regel gilt. Nach Selbsttest und Beantwortung eines Fragebogens wurde das Testzertifikates als PDF-Datei übersandt.

Die Wettbewerbszentrale hat nach eigenen Angaben etliche Beschwerden zu diesem Angebot erhalten. Bei einer Test-Bestellung sei das mitgeteilte Testergebnis nicht angefordert geschweige denn kontrolliert worden. Trotzdem habe eine Ärztin das Testzertifikat ausgestellt. „Obwohl kein Kontakt mit der Ärztin stattgefunden hatte, bestätigte sie auf dem Zertifikat, dass die in dem Zertifikat genannte Person keine Symptome habe und nicht mit dem Coronavirus infiziert sei, da sie einen negativen Antigen-Test gemacht habe ‚unter meiner fachärztlichen Überwachung meiner Arztpraxis‘“, beschreibt die Wettbewerbszentrale den Fall.

Die Werbung für das Angebot wurde daher als irreführend beanstandet. Denn es werde der unzutreffende Eindruck erweckt, es handele sich um ein rechtswirksames Testzertifikat. Die Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung sehe aber für einen gültigen Testnachweis vor, dass dieser von einem Leistungserbringer vorgenommen oder überwacht wurde. Die Ausstellung eines Testnachweises ohne jeglichen Arztkontakt entspreche diesen Vorgaben nicht. Die Angaben seien auch inhaltlich unzutreffend gewesen, weil der Test eben nicht in einer Arztpraxis oder unter fachärztlicher Aufsicht durchgeführt worden sei.

Die Wettbewerbszentrale war bereits zuvor gegen Dr Ansay wegen digital ausgestellter Krankschreibungen ohne Arztkontakt vorgegangen. Diese waren ebenfalls auf Bestellung erhältlich, indem der Interessent einen Fragebogen ausfüllte, dort unter anderem seine Symptome ankreuzte und angab, für wie lange er krankgeschrieben werden wollte. Ein „Privatarzt“ stellte dann die Bescheinigung aus. Die Wettbewerbszentrale beanstandete das unter anderem als Verstoß gegen das Verbot der Werbung für Fernbehandlungen.

Das Landgericht Hamburg hatte die Werbung bereits untersagt, nun hat das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) die Berufung des Unternehmens zurückgewiesen. Ein solches Modell, wonach die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ohne persönlichen Kontakt zu Ärztin oder Arzt ausgestellt wird, entspreche nicht den ärztlichen fachlichen Standards. Deshalb dürfe dafür auch nicht geworben werden. Irreführend seien auch Aussagen wie „100% Akzeptanz bei Arbeitgebern und Krankenkassen“. Eine ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wie sie für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall notwendig sei, liege gerade nicht vor.

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