Prüflinge wechseln das Bundesland

„Ohne ausländische Mitarbeiter wäre meine Apotheke dicht“

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Berlin -

Hohe Durchfallquoten und die Angst vor einem bestimmten Prüfer – die Kenntnisprüfung für ausländische Apotheker:innen in Düsseldorf sorgt unter syrischen Kolleg:innen für Verunsicherung. Für einen Apothekeninhaber hat das weitreichende Konsequenzen: Ihm laufen die Angestellten weg, um die Prüfung in einem anderen Bundesland ablegen zu können.

Der Inhaber hatte aufgrund des Fachkräftemangels bereits mehrere ausländische Apotheker:innen – vornehmlich syrische Kolleg:innen – unter Vertrag. Er begleitete sie gemeinsam mit seinem Apothekenteam bis zur Kenntnisprüfung. Drei Mal dürfen ausländische Apothekerinnen und Apotheker zu dieser entscheidenden Prüfung antreten – danach ist Schluss, eine Approbation bundesweit unmöglich. Dementsprechend hoch sei die Versagensangst, sagt der Inhaber: „Da hängen Existenzen dran.“

Letzter Ausweg: Bundeslandwechsel

Untereinander seien gerade syrische Apotheker:innen super vernetzt, so der Inhaber. „Das ist total genial. In ganz Deutschland kennen sie überall Leute.“ Innerhalb der Community, die auch über die Sozialen Medien verbunden ist, taucht immer wieder der Name eines Prüfers auf, der bevorzugt syrische Fachkollegen durchfallen lassen soll – so der Eindruck der Prüflinge. „Meine Mitarbeiter haben mir durch die Bank weg und unabhängig voneinander gesagt, es liege immer an dem gleichen Prüfer, der in der Kenntnisprüfung sitzt.“

Der Apotheker betont, dass er diese Einschätzungen seiner Mitarbeitenden erst einmal nur zur Kenntnis genommen hätte – das Problem habe sich mittlerweile aber so sehr und über die Erfahrungen seiner Prüflinge hinaus derart gehäuft, dass er von einem bloßen Zufall nicht mehr ausgehen könne. „Also es scheint hier in Düsseldorf ein großes Problem mit ausländischen Mitarbeitern zu geben. Für uns ist es natürlich ein Riesenproblem, weil wir die Fachkräfte aufwändig eineinhalb bis zwei Jahre lang ausbilden mit der Hoffnung, dass sie nach der Prüfung weiterhin bei uns arbeiten.“

„Ich hätte vor zwei Jahren geschlossen“

Auch sein aktueller Schützling sei drauf und dran, das Bundesland zu wechseln, um dem Prüfer zu entgehen. Auch er berichtete seinem Chef von aktuellen Erlebnissen seiner Kolleg:innen. „Er hat mir erzählt, dass von sechs Prüflingen, die zuletzt bei der Apothekerkammer Düsseldorf ihre Prüfung abgelegt haben, alle durchgefallen sind. Er hat jetzt große Angst davor, dass es ihm auch passiert.“

Der syrische Apotheker habe nach seiner Fachsprachprüfung in Düsseldorf versucht, seine Kenntnisprüfung vor der Apothekerkammer in Münster abzulegen zu dürfen. Die Kammer lehnte die Zulassung jedoch ab, weil die Fachsprachprüfung in Düsseldorf stattgefunden hatte. Daraufhin entschied sich der Apotheker, nach Niedersachsen umzuziehen und sich dort Arbeit zu suchen – nur, um dem besagten Prüfer aus dem Weg zu gehen. „Es herrscht eine unheimliche Angst, hier durchzufallen.“

Auch der bürokratische Umgang mit den durchgefallenen Prüflingen sei problematisch: „Wenn sie nach Deutschland kommen, haben sie maximal zwei Jahre Zeit, um alle Prüfungen zu bestehen und ihre Approbation zu erhalten. Dann erlischt die Arbeitserlaubnis.“ Er stellte die Frage in den Raum, warum ausgebildete Apotheker, die bereits in ihrem Heimatland qualifiziert seien, in Deutschland solche Hürden überwinden müssten. „Ohne ausländische Mitarbeiter wäre meine Apotheke heute dicht. Dann hätte ich schon vor zwei Jahren geschlossen.“

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