Verwaltungsgerichtshof

OHG-Apotheker wollen Filialleiter sein Patrick Hollstein, 28.05.2011 09:57 Uhr

Berlin - 

In Deutschland müssen Inhaber einer Betriebserlaubnis ihre Apotheke persönlich führen. So steht es im Apothekengesetz. Wollen mehrere Approbierte gemeinsam als Inhaber auftreten, können sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder eine offene Handelsgesellschaft (OHG) gründen. Dabei brauchen alle Gesellschafter eine Betriebserlaubnis. Sind sie damit auf die Leitung der Hauptapotheke festgelegt, oder kann ein Gesellschafter auch die Filialleitung übernehmen? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

2006 hatte Apotheker Christian Röder die Chiemsee-Apotheke in Chieming übernommen. Gut ein Jahr später gründete er mit seinem Bruder, Dr. Alexander Röder, eine OHG. Das Duo übernahm die Pauer'sche Apotheke im benachbarten Traunstein, machte diese zur Hauptapotheke und die Chiemsee-Apotheke zur Filiale. In Chieming arbeiten durften die Brüder zu ihrer Überraschung nicht.

Das Landratsamt Traunstein untersagte Dr. Alexander Röder die Tätigkeit als Filialleiter. Als Gesellschafter der OHG und Inhaber der Betriebserlaubnis sei er für die Führung der Hauptapotheke persönlich verantwortlich und könne daher nicht gleichzeitig Filialleiter sein, so die Argumentation.

Nachdem ihr Antrag abgelehnt worden war, nahmen die Brüder einen Anwalt und klagten gegen den Freistaat Bayern. Das Verwaltungsgericht München gab den Apothekern im vergangenen Jahr recht; in zweiter Instanz wurde am Donnerstag vor dem Verwaltungsgerichtshof verhandelt.

Dreieinhalb Stunden lang legten die Parteien ihre Positionen dar; auch die Kammer war vor Ort. Gegen die Auffassung der Apotheker wurde vorgetragen, dass Filialen im Unterordnungsverhältnis zur Hauptapotheke stehen müssten. Durch die Übernahme der Filialleitung durch einen der OHG-Gesellschafter entstünden aber de facto zwei gleichberechtigte Hauptapotheken. Auf diese Weise werde das beschränkte Mehrbesitzverbot ausgehöhlt.

Das Gegenteil sei der Fall, findet Stefan Kurth von der Steuerberatungsgesellschaft Schneider + Partner, der die Apotheker vor Gericht vertreten hat: „Wenn mehrere Apotheker gemeinsam einen Filialverbund betreiben und die Leitung der Filiale persönlich übernehmen, wird das doch dem Anspruch der persönlichen Verantwortung viel besser gerecht. Dies müsste gerade im Sinne des Gesetzgebers sein.“

Kurth ist zuversichtlich, dass das Gericht die Auffassung der Vorinstanz bestätigen wird. Auch das Verwaltungsgericht Gera hatte 2008 in einem ähnlich gelagerten Fall zugunsten zweier Apothekerinnen entschieden: Demnach dürfen OHG-Gesellschafter die Leitung einer Filiale übernehmen, wenn ihre Arbeitskraft nicht für die Leitung der Hauptapotheke benötigt wird. Dies gelte umso mehr, als die Zahl der Gesellschafter an einer Apotheker-OHG gesetzlich nicht begrenzt sei und daher die Hauptapotheke im Zweifelsfall gar nicht von allen Gesellschaftern persönlich geführt werden könne. Dagegen liege bei mehreren Gesellschaftern und mehreren Apotheken die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Arbeitsteilung auf der Hand. Der Freistaat Thüringen war gegen das Urteil nicht in Berufung gegangen.