Offener Brief

Apotheker kontert FAZ

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Berlin -

Apotheker Raimund Löffelholz aus Siegburg hatte einen harten Notdienst hinter sich: Am 26. Dezember waren mehr als 210 Kunden in seiner St. Rochus Apotheke, mehr als 100 riefen zusätzlich an. Seine Erfahrungen hinter dem HV-Tisch wollten nicht so recht zu den Darstellungen seines Berufsstandes passen, die er zuletzt wiederholt in seiner Tageszeitung gelesen hatte. Löffelholz schrieb einen offenen Brief, den die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) heute veröffentlicht hat.

Unter dem Titel „Im guten Sinne“ schrieb Löffelholz: „Zu Ihrer Berichterstattung über Apotheken: Ich bin Inhaber einer Apotheke in einem Vorort von Siegburg, und das schon 26 Jahre. Ich bin nicht in der Verbandspolitik tätig, sondern einfach nur der Apotheker in der eigenen Apotheke. Mir fallen Ihre Berichte über Apotheken daher besonders auf. Wie ein roter Faden zieht sich die uns vorgeworfene mangelnde Wettbewerbsfähigkeit in einem zunehmend globalen Umfeld durch Ihre Zeitung. Es handelt sich dabei um Halbwahrheiten und Unkenntnis der Apothekenpraxis.“

Löffelholz weiter: „Ich arbeite schon viele Jahre an einem völlig anderen Apothekenbild, als es Ihrer Vorstellung entspricht. Es sind oft Kleinigkeiten, die ein schiefes Bild ergeben. Sie schreiben über die privaten Krankenkassen und ihre Rolle für die Gesundheitsdienstleister. Dabei werden auch Apotheken im gleichen Atemzug wie Arztpraxen genannt. Aber die Privatversicherten haben für die Apotheke keine tragende Funktion mehr. Es fällt lediglich der Kassenabschlag weg, und man bekommt im Idealfall das Geld früher direkt auf das Konto.”

Über die Position der FAZ zum Versandhandel habe er „besonders im letzten Notdienst fast schon lachen“ müssen, so Löffelholz. „Sie vergessen völlig die wirklichen Probleme der normalen Menschen. Nicht alles lässt sich durch freien Wettbewerb im guten Sinne für die Menschen regeln.“

Den Brief hat Löffelholz nach seinem Notdienst verfasst, bildet sich darauf aber nichts ein. Das war eher für ihn selbst. „Ich musste das schreiben, sonst wäre ich erstickt“, so der Apotheker gegenüber APOTHEKE ADHOC. Immerhin habe die FAZ sein Schreiben veröffentlicht. „Ich würde mir wünschen, dass einmal jemand von denen in die Apotheke kommt und sich anguckt, wie das wirklich läuft“, so Löffelholz.

Einen solchen Erfolg feierte Kollegin Dr. Kerstin Kemmritz im vergangenen Jahr: Sie hatte sich – wie viele ihrer Kollegen – über den Beitrag „Liebe Apotheker, bitte mehr Mut zum Medikament“ in der Berliner Zeitung geärgert und Autorin Karin Stemmler in ihre Apotheke eingeladen.

Stemmler hatte kritisiert, dass Medikamente oft bestellt werden müssten, während die Auslage mit „Diätkram und Faltenlotionen“ vollgestellt sei. Kemmritz erklärte Stemmler bei deren dreistündigem Besuch in der Apotheke die Rabattverträge und dass jede Krankenkasse andere Rabattpartner habe. Auch über Nullretaxationen wurde die Journalistin aufgeklärt.

2014 konterte Christian Redmann einen Kommentar in der WirtschaftsWoche (Wiwo), in dem der Berufsstand zu „Supermarktverkäufern mit Hochschulabschluss“ degradiert worden war. Für die Erwiderung in seinem ganz eigenen sprachlichen Stil erntete der Apotheker aus dem bayerischen Ebermanstadt auf Facebook hunderte Likes.

Vor einem Jahr rüffelte Bloggerin Béa Beste zwei Apotheken im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Diese hatten sich geweigert, ihr die Anti-Baby-Pille ohne Rezept abzugeben. Auf ihrem Blog Tollabea veröffentlichte Beste einen Artikel, in dem sie beide Apotheken scharf kritisierte. Nachdem ihr Kommentatoren die gesetzliche Lage erklärt hatten, ruderte sie zurück.

In der New York Times beschrieb 2015 eine Journalistin, warum sie mit der Beratungsmentalität der deutschen Apotheker nicht zurecht gekommen ist. Der Beitrag der Kolumnistin löste ebenfalls eine rege Debatte aus. Der stolze Berufsstand, für den Kompetenz und Beratungsqualität Rechtfertigung und Leuchtturm in die Zukunft gleichermaßen sind, vorgeführt von einer Kundin, die anstelle relevanter Therapiehinweise lieber ein paar unverbindliche Floskeln will? Nein, sagte die Autorin später: Ihr humoristischer Beitrag sei auch eine Liebeserklärung an die deutschen Apotheker gewesen.

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