Verkaufsoffene Sonntage bescheren dem Handel zusätzliche Umsätze. Auch Apotheken dürfen Sonderschichten schieben; meist hält sich der Kundenandrang aber zurück. Die Teilnahme muss nicht extra bei der Apothekerkammer angemeldet werden. Aber die Angestellten müssen dem Einsatz zustimmen.
Die Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen ist auf Länderebene mit den Ladenschlussgesetzen geregelt. Die Apothekerkammern Bayern und Westfalen-Lippe etwa weisen darauf hin, dass an Sonntagen Apotheken grundsätzlich nicht geöffnet sein dürfen – die Ausnahme bilden Notdienstapotheken und verkaufsoffene Sonntage.
Vier verkaufsoffene Sonntage in einem Jahr sind in den beiden Flächenländern möglich. Die Termine werden von den einzelnen Städten und Kommunen bestimmt. Innerhalb des Gemeindegebiets darf sich jedes Geschäft, also auch eine Apotheke, beteiligen. Eine vorherige Anmeldung sei darum nicht notwendig, so ein Sprecher der Kammer Westfalen-Lippe.
In der Großstadt Berlin und auch in Niedersachsen stellt sich die Situation noch einmal anders dar. Dort gilt, dass Apotheken 365 Tage im Jahr öffnen dürfen. Daher sei es nicht nötig, die Öffnung der Apotheke an einem verkaufsoffenen Sonntag anzumelden, teilen die Kammern mit.
In der Hauptstadt hätten Apotheken regelmäßig am Sonntag geöffnet, etwa an den großen Bahnhöfen. Auch in Niedersachsen gebe es sonntags geöffnete Apotheken, allerdings nach Kammerinformation nur wenige. Acht verkaufsoffene Sonntage pro Jahr sind in Berlin vorgesehen. In Niedersachsen sind regulär vier verkaufsoffene Sonntage möglich, an Ausflugsorten dürfen es bis zu acht sein.
Die Gebühr von 2,50 Euro dürfe nur während eines Notdienstes erhoben werden, erklären die Kammern. Wer an einem verkaufsoffenen Sonntag teilnimmt und Notdienst habe, darf laut Apothekerkammer Bayern auch die Gebühr verlangen. Aber außerhalb des Notdienstes sei es eine freie unternehmerische Entscheidung, die Apotheke zu öffnen.
Entscheidet sich der Inhaber, einen verkaufsoffenen Sonntag als zusätzlichen Geschäftstag zu nutzen, muss er abwägen, wie viel Personal er an dem Tag benötigt. Es genügt nicht, die Mitarbeiter nur über die Mehrarbeit zu informieren, heißt es von der Apothekengewerkschaft Adexa. Stattdessen müssten die Angestellten dem Vorhaben zustimmen. Denn im Regelfall sei, abgesehen von der Notdienstbereitschaft, keine Mehrarbeit an Sonntagen vorgesehen. Nur in sehr seltenen Fällen sei die Sonntagsarbeit bereits vertraglich geregelt, so die Adexa.
Zugleich sei am Sonntag laut Tarifvertrag einen Lohnzuschlag von 85 Prozent zu zahlen. Kann ein Apothekenleiter seine Mitarbeiter nicht überzeugen, will aber dennoch am verkaufsoffenen Sonntag teilnehmen, müsse er den Dienst allein leisten, so die Adexa.
Verkaufsoffene Sonntage bedeuten für Apotheken nicht unbedingt großen Kundenandrang. Ein Apotheker aus Neumünster in Schleswig-Holstein vermutet, dass Kunden an den Sonntagen eher Kleidung und Essen kauften. Er habe nach seinem zweiten verkaufsoffenen Sonntag entschieden, nicht mehr teilzunehmen.
Bei Apotheken in Innenstadtlage beeinflusse zudem – anders als in Einkaufszentren – das Wetter den Umsatz, führt eine Apothekerin aus Lemgo in Nordrhein-Westfalen an. Sie stehe an den verkaufsoffenen Sonntagen allein in der Offizin und werde damit der Kundenzahl gerecht.
Center-Apotheken verpflichteten sich häufig im Mietvertrag, an verkaufsoffenen Sonntagen teilzunehmen. Dennoch berichtet eine Apotheke in einem Berliner Einkaufszentrum nicht von einem Kundenansturm. Es werde weniger Umsatz gemacht als an den Werktagen, auch weil die Ärzte am Sonntag geschlossen hätten. Daher werde weniger Personal benötigt.
Bis 2002 waren Apotheken mit dem geltenden Ladenschlussgesetz davon ausgeschlossen, an verkaufsoffenen Sonntagen zu öffnen. Die Regelung hatte das Bundesverfassungsgericht gekippt; sie verletzte die Berufsfreiheit, hieß es zur Begründung. Eine Apothekerin hatte geklagt, weil sie eine Strafe von 1000 D-Mark zahlen sollte, da sie ihre Apotheke 1999 an einem verkaufsoffenen Sonntag geöffnet hatte.
Die damals geltende Beschränkung der Öffnungszeiten war mit dem Allgemeinwohl begründet worden. Doch die Karlsruher Richter befanden, dass es für die Kunden eher ein Vorteil sei, wenn Apotheken an verkaufsoffenen Sonntagen teilnähmen. Für die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung seien „nicht die Schließzeiten, sondern die Öffnungszeiten entscheidend“, so die Richter. Auch gegen das Wettbewerbsverbot werde nicht verstoßen. Die Notdienstapotheken würden ebenso wenig gefährdet, urteilten die Richter.
Die Karlsruher Richter führten in ihrer Entscheidung aus, dass die Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen für Apotheken Vorteile bringe: So könnten sie sich ihren Kunden als serviceorientiert präsentieren. Geschlossene Apotheken an diesem Extra-Einkaufstag dagegen vermittelten möglicherweise das negative Bild, dass Apotheken ohnehin genug Geld einnähmen und einen zusätzlichen Geschäftstag nicht benötigten.
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