Nullretaxation

Frist überschritten: AOK retaxiert trotz Hinweis

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Berlin -

Rezepte müssen innerhalb eines Monats beliefert werden, sonst erstatten die Kassen nichts. Das weiß auch Apotheker Michael Mantell aus Dortmund. Doch in diesem Fall war er sich sicher, dass die AOK Rheinland/Hamburg seinen Hinweis verstehen und die Verordnung trotzdem akzeptieren würden. Er hat sich geirrt.

Der Patient hatte das Allergenpräparat Clustoid verschrieben bekommen. Da die Firma Roxall die Injektionslösung individuell herstellt, dauert es mit der Auslieferung schon mal etwas länger. Das Rezept war auf den 8. Oktober 2015 datiert, Roxall belieferte die Apotheke am 16. November. Am Folgetag erhielt der Patient sein Präparat.

Jetzt kam die Retaxation der AOK Rheinland/Hamburg: „Keine Belieferung der Verordnung innerhalb eines Monats“, lautet die Begründung. Die Kasse wird Mantell 355 Euro abziehen, wenn der Inhaber der Dortmunder Stifts-Apotheke keinen Widerspruch einlegt.

Mantell will sich auf jeden Fall gegen die Retaxation wehren. Denn er hatte seine Begründung schon auf das Originalrezept geschrieben: „Fristüberschreitung durch individuelle Herstellung“. Aus seiner Sicht sollte damit alles klar sein. Trotzdem schickt er der Kasse jetzt zusätzlich den Lieferschein von Roxall. Mantell ärgert sich, dass die AOK in solchen Fällen gleich zum Mittel der Retaxation greift.

Während die Belieferung eines „normalen“ Rezeptes innerhalb eines Monats normalerweise keine Probleme bereitet, haben die Apotheker bei Spezialverordnungen regelmäßig Ärger. Aktuell streitet eine Apotheke etwa darüber, ob beim Wirkstoff Isotretinoin der Tag der Verordnung mit zählt. Das Rezept hat je nach Lesart eine Gültigkeit von 6+1 oder 7+1 Tagen. Wegen der hohen Teratogenität müssen Rezepte laut einer Leitlinie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) innerhalb einer Woche eingelöst werden.

Retaxationen mit Bezug auf das Abgabedatum gibt es auch bei der Belieferung von Sterilrezepturen – hier aber mit Blick auf den Preis. Denn aus Sicht der Kassen ist dabei der Zeitpunkt der Herstellung für die Abrechnung der Arzneimittelpreise entscheidend – unabhängig vom Datum, das auf das Rezept gedruckt ist. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) bewertet das genau anders herum.

In einem Fall hatte eine Kasse bei der Rezeptprüfung einen Differenzbetrag abgesetzt und dies mit einem abweichenden Datum begründet. Der betroffene Hamburger Apotheker hatte am 30. Dezember 2013 eine Sterilrezeptur angefertigt, die auf Grundlage eines am 2. Januar ausgestellten Rezepts abgegeben und abgerechnet wurde. Der Kasse zufolge kommt es aber auf den Zeitpunkt der Herstellung an. Dieser ist einem verschlüsselten Hashcode ebenfalls auf dem Rezept hinterlegt, damit die Kassen Verwürfe kontrollieren können.

Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes hatte die Kasse Anspruch auf die Korrektur. „Entscheidend ist der mit dem Hashcode generierte Zeitpunkt, denn es geht um die Haltbarkeit der zur Herstellung verwendeten Substanzen“, so ein Sprecher. Raum für Interpretationen sieht man beim GKV-Spitzenverband nicht: „Das ist eindeutig, da gibt es keinen Entscheidungsspielraum“, so der Sprecher. In der Praxis wird dies von den Kassen allerdings durchaus unterschiedlich bewertet.

Der DAV hat hierzu eine klare Position: Für die Preisberechnung seien die Vorgaben aus dem Rahmenvertrag sowie im Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen entscheidend. Im Vertrag des Ersatzkassenverbandes VDEK mit dem DAV heißt es in wörtlich: „Für den zu berechnenden Preis ist der Tag der Abgabe des Mittels maßgeblich.“ Entsprechend ist dem DAV-Sprecher zufolge das Herstellungsdatum nur „für die Bemessung des Haltbarkeitsdatums bei der Prüfung der Verwürfe“ heranzuziehen. Dies ergebe sich aus Anlage 3 Teil 1 Anhang 3 der Hilfstaxe.

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