Der Wirkstoff Isotretinoin ist hoch teratogen und entsprechend in Schwangerschaft und Stillzeit absolut kontraindiziert. Um das Risiko zu minimieren, müssen Rezepte innerhalb von sieben Tagen nach Ausstellung eingelöst werden. Die DAK legt diese Frist so aus, dass der Tag der Verordnung mit zählt, und hat eine Apotheke retaxiert.
Orales Isotretinoin wird bei Patienten mit schweren Formen von Akne eingesetzt, die gegen eine Standardbehandlung mit systemischen Antibiotika in Kombination mit Topika therapieresistent sind. Der Einsatz ist in Schwangerschaft und Stillzeit absolut kontraindiziert, da Isotretinoin bei ungeborenen Kindern sehr häufig zu Missbildungen führt. Frauen im gebärfähigen Alter dürfen den Wirkstoff nur einnehmen, wenn alle Bedingungen eines Schwangerschaftsverhütungsprogramm erfüllt werden.
Für Verordnung und Abgabe sind verschiedene Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in einer Leitlinie zusammengefasst hat. Das Rezept darf demnach nur für einen 30-tägigen Bedarf ausgestellt werden. Die Abgabe durch den Apotheker muss „innerhalb von sieben Tagen nach Ausstellung erfolgen“.
In der Bären-Apotheke von Dr. Stefan Noé reichte eine Patientin am 12. März 2015 ein Rezept ein, das am 5. März ausgestellt worden war. Aus Sicht der DAK wurde die Frist damit überschritten. Im Dezember retaxierte die Kasse den vollen Betrag von 27,21 Euro.
Der Apotheker hat über seinen Verband Einspruch eingelegt. Aus Sicht des LAV Baden-Württemberg ist eine fristgerechte Belieferung erfolgt. Denn laut BfArM dürften Rezepte über Isotretinoin-haltige Arzneimittel sieben Tage „nach Ausstellungsdatum“ beliefert werden. Insofern handele es sich hier nicht um eine Fristüberschreitung. Der LAV bittet die DAK, von der Retaxation Abstand zu nehmen. Eine Antwort der Kasse steht noch aus.
Laut BfArM darf die Therapie mit Isotretinoin erst begonnen werden, wenn die Patientin vier Wochen konsequent mit einer, vorzugsweise zwei sich ergänzenden Methoden verhütet hat. Zudem müssen zwei ärztlich überwachte, im Abstand von vier Wochen durchgeführte Schwangerschaftstests mit einer Mindestempfindlichkeit von 25 mIU/ml negativ ausfallen.
Die Verordnung für Frauen im gebärfähigen Alter muss laut BfArM innerhalb von drei Tagen nach dem letzten Schwangerschaftstest erfolgen. „Im Idealfall sollten Schwangerschaftstest, die Ausstellung des Rezeptes und die Abgabe von Isotretinoin am selben Tag erfolgen“, heißt es. Ärzte sollen auf jeden Fall darauf hinweisen, dass das Rezept innerhalb vom sieben Tagen eingelöst werden muss. Die Patienten sollen auch aufgefordert werden, unbenutzte Tabletten oder Kapseln an die Apotheke zurückzugeben.
Laut Arzneiverordnungsreport wurde Isotretinoin 2014 insgesamt 292.000 Mal im Wert von neun Millionen Euro verordnet. Mit 5,7 Millionen Tagesdosen machen die oralen Retinoide knapp 13 Prozent aus. Der Schwerpunkt lag bei topischen Kombinationen (58 Prozent), topischen Antibiotika (11 Prozent), hier vor allem Erythromycin, sowie anderen topischen Aknemitteln (19 Prozent).
APOTHEKE ADHOC Debatte