Fehlendes „Dj“

Nullretax im Schlichtungsausschuss

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Berlin -

Weil auf einem Rezept mit einem Hochpreiser zwei Buchstaben fehlten, bekam Aristide Reidel, Inhaber der Rathaus-Apotheke, eine „Nullretax“. Das Übersehen der nicht vermerkten Dosieranleitung kostet den Apotheker einen vierstelligen Betrag. Die endgültige Entscheidung im Retax-Streit soll nun der Schlichtungsausschuss fällen.

„Für mich bilden die Krankenkassen einen Staat im Staate. Sie können mich als Leistungserbringer formal legal und gleichzeitig absolut unverhältnismäßig enteignen“, ärgert sich Reidel. Auf einem Muster-16-Format fehlten genau genommen zwei Buchstaben: DJ – Dosierung bekannt oder dem Patienten liegt ein Dosierungsplan in schriftlicher Form vor. „Meine Mitarbeiter:innen und ich haben die fehlende Angabe gleichermaßen übersehen, das Rezept ging so in die Abrechnung“, so der Apotheker.

Die Krux: Im digitalen Abrechnungssystem werden fehlende Dosierangaben nicht als „falsche“ Rezepte gelistet und sind somit für Apothekeninhaber:innen schwer zurückzufordern, weil sie unbemerkt durchrutschen. So auch in diesem Fall: „Abgegeben wurde das Medikament bereits im Mai vergangenen Jahres, die Retax kam dann im Februar dieses Jahres“, so Reidel. Zu spät also, um noch Korrekturen vorzunehmen.

Dosierung etliche Jahre bekannt

Dabei handelte es sich bei dem versorgten Patienten um einen Stammkunden, den die Rathaus-Apotheke seit etwa zehn Jahren mit dem Arzneimittel Fingolimod beliefert. Das Medikament aus der Gruppe der Immunsuppressiva wird in der Behandlung der Multiplen Sklerose eingesetzt. Nach einer anfänglichen Einstellungsphase ändert sich die Dosierung in der Regel nicht mehr, so auch bei dem belieferten Patienten. „Die Rücksprache mit dem Arzt bestätigte die Dosierung, die seit langer Zeit unverändert ist. Aber auch ein vom Arzt angefertigtes Bestätigungsschreiben, welches ich zur IKK Südwest schickte, änderte nichts an der Situation. Die Kasse weigert sich weiterhin, das Medikament zu bezahlen“, so der Apotheker.

Abzug des Honorars wäre angemessen

Der schlichte Formfehler, der aufgrund eines Software-Updates in der Arztpraxis auftrat, kostet den Inhaber 5134 Euro. „Das ist absolut unverhältnismäßig. Ich könnte es noch verstehen, wenn mir die Kasse das Apothekenhonorar abzieht, in meinem Fall wären das 162 Euro“, ärgert sich Reidel. Die Krankenkasse nehme ihm jedoch sein Eigentum und bezahle nicht, so der Apotheker. „Die Nullretaxe kommt viele Monate nach der Versorgung des Patienten. Das Medikament wurde inzwischen längst aufgebraucht“, erläutert Reidel.

Da der Inhaber bislang keine Einigung zur Nullretax erreichen konnte, soll demnächst der Schlichtungsausschuss über den Fall entscheiden: „Ich gehe sehr motiviert in die Verhandlung. Es kann nicht sein, dass gerade bei Hochpreisern nur zwei fehlende Buchstaben über soviel Geld entscheiden, was letztendlich mein Eigentum ist“, so Reidel.

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