5000 Euro wegen fehlendem „DJ“

Nullretax: „Das glaubt einem ja sonst keiner.”

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Berlin -

Im vergangenen Jahr beliefert Florian Singer, Inhaber der Kurfürsten-Apotheke im Münchener Stadtteil Schwabing, eine Patientin mit einem Hochpreiser. Weil die fehlende Dosieranleitung bei der Rezeptkontrolle nicht auffiel, erhielt er kürzlich eine Nullretax der Kasse: „Solche Retaxen sind ein untragbarer Zustand und können für manche Inhaber:innen sogar existenzbedrohend sein.“

„Wir müssen mit diesen Vorfällen dringend an die Öffentlichkeit gehen, das glaubt einem ja sonst keiner“, ärgert sich Singer über die Nullretax über 5000 Euro, die er kürzlich von der Audi Bkk erhielt. Beliefert hat er eine Verordnung über das Krebsmedikament Lorviqua: „Das war schon im Juli vergangenen Jahres, aber erst kürzlich kam die Retax. Genau das ist auch das Problem: zu spät für Korrekturen auf dem Rezept“, so Singer. Dabei habe der Apotheker extra Mitarbeiter:innen, die die Rezepte im Nachhinein kontrollieren. „Auch bei einem sechs-Augen-Prinzip rutscht mal ein Rezept durch, auf dem ein schlichtes DJ fehlt. Das ist mehr als menschlich“, so Singer.

Existenz ist bedroht

Ähnlich wie im kürzlich berichteten Fall von Apotheker Aristide Reidel war auch hier die Dosierung des onkologischen Präparates lange Zeit bekannt. Ein Schreiben vom behandelnden Arzt konnte ebenfalls bestätigen, dass die Patienten über die Einnahme hinlänglich aufgeklärt war: „Es ist kein Schaden entstanden, die Patientin wusste Bescheid, und der kontaktierte Arzt wollte erst gar nicht glauben, wovon ich spreche.“ Singer hält diese Art von Retax für einen untragbaren Zustand: „Wir haben mitunter auch Präparate, die mehrere 10.000 Euro kosten, wenn ein oder zwei Retaxen in diesem Bereich auftreten, kann das die Existenz bedrohen.“

Ähnlich wie Apotheker Reidel sieht auch Singer eine vernünftige Lösung in einer Begrenzung der Kürzung auf das Apothekerhonorar: „Wenn wir einen Fehler machen und die fehlende Dosierung übersehen, können die Kassen uns nicht einfach den vollen Betrag für das Medikament streichen inklusive unseres Honorars. In meinen Augen ist das Diebstahl.“

Apotheker:innen haften mit Privatvermögen

Singer weist zudem auf die Pflicht des Arztes hin, die Dosieranleitung auf das Rezept zu drucken, der „Fehler entsteht somit schon in der Praxis“, aber die Apotheke hafte für den Schaden. „Wir als Apothekerschaft sollen den fehlerhaft aufgesetzten Rahmenvertrag ausbaden und mit unserem eigenen Vermögen bezahlen, das kann so nicht weitergehen“, so Singer. „Auf der einen Seite stehen wir unter Kontrahierungszwang, und auf der anderen bekommen wir Retaxen in Höhe von mehreren Tausend Euro, weil ein ,DJ' fehlt.“

„Wir müssen das publik machen“

In Singers Augen wäre eine radikale Lösung die „Kündigung des Liefervertrages mit den Kassen durch die gesamte deutsche Apothekerschaft“. „Das wäre der einzige Weg, um den Kassen zu zeigen: Wir machen das nicht mehr mit.“ Die Abda müsse endlich ihre Passivität bei diesem Thema ablegen, so Singer. Um seine Haltung und die vieler weiterer Apotheker:innen deutlich zu machen, möchte Singer an die Menschen herantreten: „Das nimmt mittlerweile ein Ausmaß an, was an die Öffentlichkeit gehört. Wir müssen das publik machen, so dass die Menschen wissen, wovon wir reden.“

Geplant sei, in einem ersten Schritt die großen Schaufenster der Apotheke zu nutzen und die Retaxfälle auf Plakaten abzubilden. „Wir werden zudem versuchen, diese Fälle in alle möglichen Richtungen an die Medien zu verteilen, damit der Retax-Wahnsinn endlich aufhört“, so Singer.

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