Seit dem 1. August gelten die neuen erleichterten Abgaberegeln. Somit ist die Nullretax bei fehlender Dosierangabe vom Tisch. Oder? Eine Apothekerin aus Niedersachsen hat einen anderen Eindruck: „Es scheint, als holen die Kassen nun alle Rezepte raus, die vor dem Stichtag des neuen Gesetzes ausgestellt wurden, um nochmal abzukassieren. Das ist reine Willkür und Wegelagerei“, ärgert sie sich über eine Nullretaxation aufgrund fehlender Dosierangabe.
Ende Januar belieferte die Apothekerin ein Rezept über eine sogenannte Freitextverordnung: „Verschrieben waren Novaminsulfon 500 von 1A-Pharma in der Normgröße N3. Dabei wurden die Schmerztabletten ohne eine PZN aufgeschrieben“, so die Apothekerin. Sie habe daraufhin Rücksprache mit der verschreibenden Arztpraxis gehalten: „Wir haben die PZN ergänzt, dabei aber das sogenannte DJ beziehungsweise die Dosierung vergessen.“
Das Arzneimittel sei für einen Pflegeheimbewohner verordnet worden, so die Apothekerin. „Er bekommt dieses Mittel schon seit einem längeren Zeitraum und hat auch einen Medikationsplan vom Arzt bekommen. Das ist alles nachweisbar.“ Kürzlich bekam die Apothekerin jedoch einen Bescheid zur Kürzung des gesamten Abrechnungsbetrages. Die Begründung: Dosierung fehlt.
Es ist die erste Nullretaxation, die die Apothekerin erhalten hat: „Die BKK Provita scheint jetzt alte Rezepte rauszukramen, die vor dem Beschluss des ALBVVGs ausgestellt wurden“, so der Eindruck der Apothekerin. „Ich kann nur froh sein, dass es sich in dem Fall nicht um einen Hochpreiser handelt. Ich büße zwar nur einen Betrag von etwa 27 Euro ein, aber es geht mir ums Prinzip“, ärgert sie sich.
Am liebsten würde sie mit solchen Fällen an die breite Öffentlichkeit gehen: „Die Patienten wissen gar nichts über die Schikanen, die die Apotheke ertragen muss. Zumal es auch nicht unsere Schuld ist, wenn die Dosierung fehlt. Das ist der Job der Arztpraxis“, so die Apothekerin. „Für mich sind solche Nullretaxationen einfach Willkür und Wegelagerei. Es zielt doch darauf ab, dass die Apotheken bei solch niedrigen Beträgen auf den Widerspruch verzichten und die Kassen dann das Geld einstreichen.“
Man dürfe es nicht durchgehen lassen: „In meinem Fall bekam der Patient schon x-Rezepte verordnet. Immer mit dem gleichen Medikament, immer mit Dosierangabe. Jetzt fehlt es einmal, und die Kasse zieht es raus“, ärgert sich die Apothekerin, die sich mittlerweile auch an den Verband gewendet hat. „Ich habe bis jetzt keine Antwort bekommen, aber bin gespannt, ob diese Retaxation noch abgewendet werden kann.“
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