NRW-Teststrategie: Drogerieketten – und für die Dörfer Apotheken Alexander Müller, 05.03.2021 11:38 Uhr
Das große Testen beginnt. Vielerorts sind Apotheken mit dabei und lassen sich von den Gesundheitsbehörden als Testzentrum beauftragen. Doch in Nordrhein-Westfalen war die Beteiligung von Pharmazeut:innen bisher unerwünscht. Das soll sich jetzt sehr schnell ändern: Vor allem auf den Dörfern sollen die Apotheken aushelfen, in den Städten die Drogerieketten.
Nachdem das Bundesgesundheitsministerium (BMG) bereits Mitte Februar ein erstes Papier über die „Erweiterung der Nationalen Teststrategie“ vorgelegt hatte, wollten sich auch in NRW viele Apotheken als Testzentren anmelden. Doch von den zuständigen Behörden erhielten sie entweder eine Absage oder gleich gar keine Antwort.
Auch der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) musste in einem Mitgliederrundschreiben vor zwei Wochen konstatieren: „Nach unserem Kenntnisstand gibt es derzeit in Nordrhein auch noch keine beauftragten Apotheken.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Verband beruhigte verunsicherte Mitglieder einerseits, dass es keine Verpflichtung für öffentliche Apotheken gebe, eine Beauftragung von den Gesundheitsbehörden anzunehmen oder selbst in der Sache aktiv zu werden. Auf der anderen Seite wurden interessierte Apotheken daran erinnert, dass eine Beauftragung im Rahmen der Nationalen Teststrategie notwendig ist.
Ein Kölner Apotheker hatte deshalb immer wieder bei der Behörde nachgefragt, bislang ohne Erfolg. Das Gesundheitsministerium des Landes hüllt sich auf Nachfrage ebenfalls in Schweigen. Welche „dritten Stellen“ vom öffentlichen Gesundheitsdienst zur Durchführung von Corona-Schnelltests beauftragt wurden? Wie die Tests durchgeführt werden sollen? Ob und wie Apotheken sich bewerben können? Keine Reaktion aus Düsseldorf.
Heute begleitet NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) bei der wöchentlichen Pressekonferenz zur Corona-Lage. Und Laumann wurde auch zur Teststrategie befragt – immerhin soll sich jeder Bürger und jede Bürgerin ab Montag einmal pro Woche kostenlos testen lassen können. „Es ist so, dass wir nicht nächste Woche allen Bürgern dieses Angebot machen können“, gab Laumann zu.
Man habe mit den rund 4000 Apotheken in NRW Gespräche geführt, so Laumann weiter. „Die sind hochinteressiert, in diesem Geschehen sich aufzustellen.“ Jetzt soll es für die Apotheken auch Erleichterungen bei den Auflagen geben: „Wir werden sicherstellen, dass unsere Apotheken das auch außerhalb der Apotheke machen dürfen, weil sich die meisten Apotheken baulich nicht für Massentestungen eignen.“
Der NRW-Gesundheitsminister verwies auf andererseits auf die privaten Testzentrenten in vielen Regionen, wo man sich heute für 30 Euro testen lassen könne. „Die werden alle ab Montag vor der Situation stehen, dass die Menschen sagen: ‚Ich zahle ja keine 30 Euro mehr, wenn es auf der anderen Seite kostenlose Testungen gibt.‘ Die werden voll in dieses Geschäft einsteigen und es dann in größeren Zahlen machen“, ist Laumann überzeugt. Aber auch diese Testzentren müssen sie erst beauftragen lassen und können dann pro Test nur noch 18 Euro abrechnen.
Laumann zufolge könnten die Kreise selbst entscheiden, wen sie beauftragen und ob etwa weitere kommunale Hilfszentren aufgebaut würden. „Es gibt sehr viele Anbieter von großen bekannten Ketten aus dem Drogeriebereich, die haben wir auch in den Städten, in den Dörfern haben wir die Apotheken, so dass ich sicher bin, dass wir diese Struktur ganz schnell aufgestellt kriegen“, so Laumanns Pläne. Gestern wurde eine Inititative in Baden-Württemberg vorgestellt, wo die Drogeriekette dm unterstützt vom Gesundheitsministeriums des Landes Testzentren erreichten wird.
Warum diese Strukturen in NRW nicht früher aufgebaut worden seien, wurde Laumann gefragt. Ganz einfach, so der Minister: „Für alle Menschen, die sich bei uns testen lassen wollten, waren die Kapazitäten da.“ Alle Arztpraxen und Kommunen hätten getestet. „Und alle Apotheken – oder alle will ich nicht sagen – aber die meisten Apotheken haben ebenfalls die PoC-Teste angeboten.“ Es habe überhaupt keine Briefe oder Proteste aus der Bevölkerung zu dieser Frage gegeben. „Dass die Struktur natürlich größer werden muss, wenn so etwas kostenlos wird, ist ja völlig klar.“