Rx-Versandverbot

Noweda schreibt an Abgeordnete: „Welpenschutz“ für Bestellplattform

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Berlin -

Im April wollen Noweda und Burda mit ihrem „Zukunftspakt Apotheke“ online gehen. In einem Brief an Bundestagsabgeordnete wünscht sich Noweda-Chef Dr. Michael Kuck ein Rx-Versandverbot – auch als „Welpenschutz“ für den Aufbau der neuen Bestellplattform: „Gerade auch vor diesem Hintergrund wäre ein Versandverbot zumindest für verschreibungspflichtige Arzneimittel vernünftig und zielführend“, um den Vorsprung von DocMorris und Shop-Apotheke aufzuholen, heißt es in dem Brief.

In einer Sonderinfo an seine Kunden weist der Essener Großhändler auf den Brief an die Bundestagsabgeordneten hin. „In diesem Schreiben zeigt der Vorstandsvorsitzende der Noweda, Dr. Michael P. Kuck, einmal mehr die Gefährdung der Vor-Ort-Apotheken durch den ausländischen Versandhandel auf“, heißt es darin und weiter: „Es gibt keine stichhaltigen Gründe, ausländische Versender zu Lasten der deutschen Vor-Ort-Apotheken zu unterstützen“.

Ausführlich schildert Kuck auf fünf Seiten seine Argumente für das Rx-Versandverbot als „einzig richtige, dem Wohl der Patienten in Deutschland verpflichtete Reaktion“. Als „zweitbeste Lösung“ kommt für Kuck „zumindest die vollständige Wiederherstellung der Gleichpreisgkeit“ in Frage.

Auf Seite 4 seines Schreibens kommt Kuck auf das neue, gemeinsam mit Burda kreierte Geschäftsmodell zu sprechen: Bei genauer Betrachtung bestehe überhaupt kein Bedarf für den Lieferservice ausländischer Versender, denn dies sei vielen Vor-Ort-Apotheken bereits heute mit Hilfe des Botendienstes möglich. Darüber hinaus arbeite Noweda derzeit im Verbund mit Apotheken daran, Kunden und Patienten ihre Bestellungen bundesweit über eine „zentrale Bestellplattform in allen Vor-Ort-Apotheken“ zu ermöglichen. „Damit können die erheblichen Vorteile der Vor-Ort-Apotheken – nämlich wohnortnahe, persönliche Beratung und schnellste Warenverfügbarkeit – mit dem Wunsch der Menschen verbunden werden, ihre Arzneimittel im Internet zu beziehen“, wirbt der Noweda-Chef.

Die Plattform werde im April online gehen, kündigt der Noweda-Chef an: „Allerdings wird sie ohne Frage eine gewisse Zeit benötigen, um den notwendigen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung zu erreichen. Industriell aufgestellte Versender wie DocMorris oder die Shop-Apotheke sind uns hier weit voraus.“ Vor diesem Hintergrund „wäre ein Versandverbot zumindest für verschreibungspflichtige Arzneimittel vernünftig und zielführend“, so Kuck und weiter: „Die zukünftige gemeinsame und bundesweite Bestellplattform der Vor-Ort-Apotheken erhielte eine reelle Chance, der Bestellweg über das Internet bliebe den Menschen erhalten und gleichzeitig würde die Zukunft der Vor-Ort-Apotheken wirksam gesichert.“

Es gebe zudem keine stichhaltigen Gründe, ausländische Versender zu Lasten der deutschen Vor-Ort-Apotheken zu unterstützen, argumentiert Kuck weiter und beendet seinen Brief mit einer Bitte an die Parlamentarier: „Bitte setzen Sie sich daher für das Versandverbot rezeptpflichtiger Arzneimittel ein, zumindest aber für die nachhaltige Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit“.

Gleich zu Beginn seines Briefes erinnert der Noweda-Chef die Abgeordneten an die Verantwortung der Politik. Bei der anstehenden „Apothekenreform“ stehe nicht weniger als die flächendeckende Arzneimittelversorgung auf dem Spiel. Apotheken gehörten wie Arztpraxen, Schulen, Polizei und Feuerwehr zur „sozialen Infrastruktur“. Allerdings sei die flächendeckende Versorgung noch nie so gefährdet gewesen wie derzeit. Eine der Ursachen dafür sei der industriell geprägte ausländische Versandhandel. Dieser setze „durch aggressives Wachstum“ alles daran, unter Inkaufnahme von hohen Verlusten Marktanteile zu gewinnen.

Nur mit einer derartigen „Wachstumsstory“ ließen sich Investoren motivieren, „Risikokapital in die Zerstörung der bestehenden Strukturen zu investieren“, so Kuck. Bereits im Jahr 2023 könne der Versand-Marktanteil auf rund 30 Prozent steigen, warnt er. Bereits ein Marktanteil von nur 10 Prozent koste 2000 Vor-Ort-Apotheken ihre Existenz. Gleichzeitig sinke die Zahl der Vor-Ort-Apotheken in Deutschland immer schneller.

Vor diesem Hintergrund sei es „völlig unverständlich“, dass von der Politik in den letzten Jahren „praktisch nichts“ unternommen worden sei, um die Apothekenstruktur wirksam und zukunftssicher zu schützen, beklagt Kuck. Im Gegenteil verstärke sich der Eindruck, „dass es wichtiger ist, die Geschäftsmodelle ausländischer Versender nicht zu beschädigen“. Auch unter dem Gesichtspunkt es Patientenschutzes sei die „Vorzugsbehandlung“ nicht zu verstehen.

Kuck erinnert die Abgeordneten daran, dass Großhändler wie Apotheken in Deutschland „Investitionen in Millionenhöhe“ in die notwendige Temperaturführung für Arzneimittel investieren müssten. Es spiele aber „offensichtlich keine Rolle, wenn der Versandhandel seine Arzneimittel auch im Hochsommer tagelang per einfachem Postversand befördert“. Zudem seien Vor-Ort-Apotheken lokal eingebunden, trügen zur Belebung der Innenstädte bei, böten Arbeitsplätze an und zahlten Steuern. Kuck: „All das gilt für ausländische Versender nicht.“ Warum sollte es „ausländischen Arzneimittelversendern gestattet sein, die Preise der deutschen Vor-Ort-Apotheken zu unterbieten, wenn damit mittelfristig die soziale Infrastruktur der Arzneimittelversorgung zerstört wird?“

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