Adler-Apotheke

Noweda-Protestplakate bis zur Weihnachtsdeko

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Berlin -

Anfang Juli startete Noweda im Wirtschaftsmagazin Focus die Kampagne „Alle 38 Stunden schließt in Deutschland eine Apotheke. Für immer.“ Parallel dazu bot Noweda allen Apotheken die Motive an. Jetzt hat die Adler-Apotheke in Oestrich-Winkel mit den Plakaten und Faktenblättern fünf ihrer sechs Schaufenster dekoriert. „Noch hat Deutschland das beste Apothekensystem der Welt...“ steht darunter zu lesen. Das funktioniert. „Die Leute gucken und fragen“, berichtet die dort angestellte Apothekerin Almut Hammer.

Oestrich-Winkel ist eine Kleinstadt mit 12.000 Einwohnern im Rheingau-Taunus-Kreis und geprägt vom Weinbau. Es gibt drei Apotheken, ansonsten überwiegend kleine Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe. Die nächstgelegenen größeren Städte sind Koblenz und Wiesbaden.

„Das Problem ist bei den Leuten noch gar nicht angekommen“, so Hammer. Gemeint ist damit der ungleiche Wettbewerb zwischen Vor-Ort-Apotheke und den ausländischen Versendern, die seit dem EUGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewähren können. „Das hat weitreichende Folgen, wenn die Leute irgendwann nach Wiesbaden oder Koblenz zur nächsten Apotheke fahren müssen“, so Hammer.

Mobil machen, aufrütteln will die Apothekerin mit der neuen Deko, die seit Wochenbeginn in den Schaufenstern hängt. Die Adler-Apotheke ist zwar kein Noweda-Kunde. Trotzdem war Inhaberin Claudia Schmidt-Schließmann sofort von den ausdrucksstarken Flyern und Bildern begeistert und hat mit Noweda Kontakt aufgenommen. „Dort hat man uns sofort die nötigen Unterlagen für unsere Schaufenstergestaltung zukommen lassen“, berichtet die Apothekerin. Mit dem Dekorateur hat sie die Gestaltung abgesprochen.

„Die Apotheker arbeiten still und zuverlässig, die Leute können sich gar nicht vorstellen, dass das einmal nicht mehr so sein könnte“, so Hammer. Darauf will sie aufmerksam machen. Auch an der „Daumen-hoch-für-meine-Apotheke-vor-Ort“-Aktion von Ann-Kathrin Kossendey und Jan Reuter hat sich die Adler-Apotheke schon beteiligt. Und für die Rx-Versandverbot-Petition von Christian Redmann stellt die Apothekerin immer wieder mal einen Stehtisch mit Unterschriftenlisten auf: 120 Unterstützer hat die Adler-Apotheke so schon gewonnen.

Auch die ABDA-Kampagnen mit Bernhard Hoëcker haben Apothekerin Hammer gefallen, „aber das reicht nicht“. Die ABDA sei ihr ein „bisschen zu schwerfällig“ und in der Kommunikation mit der Öffentlichkeit und auch mit dem Berufsstand nicht offensiv genug, „aber darüber gibt es ja unterschiedliche Ansichten“. Dass Noweda sich so intensiv für die Interessen der Apotheker engagiert, findet Hammer gut. Aber deshalb zu Noweda als Großhändler wechseln würde sie nicht: „Das ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung.“

Die Apothekerin setzt vorerst darauf, dass ihre Schaufenster-Deko noch viele Gespräche mit Kunden über die schwierigen Rahmenbedingungen animiert. „Bis zur Weihnachtsdeko“ sollen die Noweda-Motive in den Schaufensters zu sehen sein. Mitte Oktober wird umdekoriert. Hammer: „Bis dahin hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf dem Deutschen Apothekertag wohl verkündet, wie er mit dem Rx-Versandverbot umgeht.“

Inzwischen hat Noweda ein weiteres Motiv für die „38-Stunden“-Kampagne aufgelegt: Darauf sieht man eine junge Frau mit der Aussage: „In meiner Apotheke vor Ort bekomme ich alles sofort: Beratung, meine Arznei und menschliche Zuwendung. Und damit soll Schluss sein?“ Laut Noweda konzentriert sich das aktuelle Kampagnen-Motiv damit auf „Schnelligkeit, Beratungsqualität und soziale Aspekte“.

Noweda-Chef Dr. Michael Kuck zufolge haben auch von der Genossenschaft selbst durchgeführte Umfragen ergeben, dass die Bevölkerung die Problematik der Apothekenschließungen nur begrenzt wahrnimmt. „Dazu tragen nicht zuletzt Publikumsmedien bei, die in ihren Berichten den Eindruck erwecken, es gebe in Deutschland sogar eine Überversorgung mit Apotheken.“ Mit der Kampagne möchte der Großhändler gezielt gegensteuern. Die Anzeige soll in mehreren Teilen bis Jahresende mit verschiedenen Motiven im Focus erscheinen.

Online hat der Großhändler bereits acht Motive veröffentlicht. Die Aufmachung ist immer dieselbe: Ein markantes Gesicht und eine provokante Frage. Die vermeintlichen Apothekenkunden aus allen Altersklassen machen sich Sorgen um die Zukunft der Apotheke und sind über die finanziellen Hintergründe des Gesundheitssystems teilweise überraschend gut informiert.

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