Notlösung: Apotheke zieht ins Rathaus Carolin Ciulli, 10.04.2019 14:30 Uhr
Im fränkischen Unsleben wird das Rathaus geräumt. Dort soll eine Apotheke eröffnen. Eigentlich gibt es in dem kleinen Ort eine Apotheke, die der Inhaber sogar abgeben will. Der Chef der Kreuz-Apotheke muss das Gemeindegrundstück bis Ende 2019 räumen. Seine Nachfolgerin kann den Standort laut Bürgermeister Michael Gottwald aber nicht wie geplant im Juni übernehmen. Zwischen den beiden Pharmazeuten gab es Unstimmigkeiten.
In dem Dorf Unsleben wohnen rund 950 Einwohner. Die Kreuz-Apotheke ist in einem Fachwerkhaus auf einem Hügel untergebracht und wird seit 1974 von Familie Machon geführt. Der Sohn Dr. Christian Machon übernahm in zweiter Generation, entschloss sich jedoch nach langem Ringen, den Standort abzugeben. Wirtschaftlich lohne er sich nicht mehr. In dem Ort gibt es seit Jahren keinen Arzt. Zudem betreibt er zwei weitere Apotheken in der Nähe.
Einen Nachfolger zu finden, hielt Machon für unwahrscheinlich. Nach seinen Angaben war der Standort die nach Einwohnern kleinste Apotheke in Deutschland. In die Dorf-Apotheke kämen pro Stunde nur vier bis fünf Kunden – wirtschaftlich nicht lohnenswert. Der Mietvertrag wurde zu Ende 2019 gekündigt. Doch Gottwald fand in Elke Schenker eine Nachfolgerin, die mit der Region vertraut ist. „Sie hat zuvor für Dr. Christian Machon gearbeitet“, sagt der Bürgermeister.
Eigentlich sollte Schenker Anfang Juni übernehmen, so Gottwald. Doch es kam anders. Der Kaufvertrag sei nicht zustande gekommen, die Verhandlungen hätten sich zu lange hingezogen, so Machon. „Ich war bereit und will nicht blockieren.“ Als klar war, dass die Nachfolgerin nicht in diesem Jahr in die Kreuz-Apotheke ziehen wird, schlug der Bürgermeister sein Rathaus vor. „Da mussten wir helfen. Denn je länger die Apotheke geschlossen ist, desto mehr Kunden suchten sich neue Möglichkeiten.“
Das Rathaus wird derzeit für den provisorischen Einzug der Apotheke vorbereitet. „Wir haben mit einem Pharmazierat gesprochen“, so Gottwald. Er habe Sicherheitsvorkehrungen etwa für das Labor, den barrierefreien Zugang sowie die Größe von 110 Quadratmetern vorgegeben. „Die Apothekerin bekommt die Räume des Rathauses komplett und kann zentral abschließen.“ Das sei ebenfalls eine Voraussetzung gewesen.
Das Apotheken-A ist noch nicht angebracht, aber in Planung. Innen wird man provisorisch auf vorhandene Regale setzen und möglicherweise etwas Mobiliar zukaufen. Der Bürgermeister verlegt die Sprechstunde zu sich nach Hause. Die Gemeinderatssitzungen werden samt großen Ratstisch in die „Dorfscheuer“, einem denkmalgeschützten Gebäude, verlegt. Die neue Kulisse gilt ohnehin nur provisorisch, da Machon das Haus der Kreuz-Apotheke bis spätestens Ende 2019 verlassen muss. Dann kann Schenker einziehen.
Gottwald ist froh, dass die Apotheke im Dorf bleibt. „Angesicht des Fachkräftemangels freut es mich umso mehr, dass wir sie für Unsleben gefunden haben.“ Bedenken, der Standort im Landkreis Rhön-Grabfeld würde sich nicht rechnen, hat er nicht. „Die Kreuz-Apotheke wurde aus meiner Sicht zuletzt vernachlässigt.“ Die Nachfolgerin kenne die Situation und habe ihm gesagt, der Betrieb könne sich lohnen.