Erste Erfahrungen der Apotheker mit der rezeptfreien „Pille danach“ fallen sehr unterschiedlich aus. Während in Citylagen zum Teil ein regelrechter Ansturm zu verzeichnen war, haben andere Apotheken noch gar keine Packung abgegeben. Bei der Beratung scheint der ABDA-Leitfaden gute Dienste zu leisten und beim Preis halten sich viele Apotheken an die Empfehlung des Herstellers. Und natürlich gab es vielerorten schon Testkäufe.
Die Prenz'l Apotheke in Berlin hatte gleich am Sonntag nach dem OTC-Switch Notdienst. „Wir haben neunmal die 'Pille danach' abgegeben“, berichtet Apothekerin Berit Strahl. Ein Drittel seien Touristinnen gewesen – was im Prenzlauer Berg aber nichts Besonderes sei. Auffällig war laut Stahl, dass in allen neun Fällen ungeschützter Geschlechtsverkehr die Ursache für die Einnahme war, keine Verhütungspannen.
In der Hermes-Apotheke im Frankfurter Bahnhofsviertel ist die Nachfrage laut Inhaber Dr. David Sheel dagegen nicht übermäßig gestiegen. Auch er hatte gleich am ersten Sonntag Nachtdienst. Die beiden Frauen, die nach der „Pille danach“ verlangten, wussten schon, dass es das Notfallkontrazeptivum jetzt ohne Rezept gibt. „Nach dem ganzen öffentlichen Wirbel hätte ich eine noch größere Nachfrage erwartet“, so der Apotheker. Allerdings habe er von einer bayerischen Kollegin gehört, die in einem Dienst acht Abgaben hatte.
Wie viele seiner Kollegen hält sich Sheel bei der Beratung an den von der Bundesapothekerkammer (BAK) erarbeiteten Leitfaden. Dieser würde zwar an einigen Stellen sehr weit gehen, andererseits hätten die Apotheker auch eine Verantwortung. Um die Diskretion zu gewährleisten, werden die Kundinnen gegebenenfalls im Nebenzimmer beraten. Im Notdienst hält es Sheel im Einzelfall auch für vertretbar, die Betroffene herein zu bitten.
Beim Preis hält sich der Apotheker an den Vorschlag des Herstellers. Eine Kundin habe diskutiert. Sie hätte gehört, dass es die „Pille danach“ jetzt für 15 Euro geben sollte. „Vielleicht hat sie EllaOne und PiDaNa verwechselt“, meint Sheel. Bis die Levonorgestrel-haltigen Packungen nicht umgestellt sind, gibt er diese aber nur auf Rezept ab, als OTC derzeit nur EllaOne. „Ich habe keine Lust, nachher der Idiot zu sein“, begründet der Apotheker seine Vorsicht.
In der Birken-Apotheke am Kölner Ring wurde die „Pille danach“ schon vor dem OTC-Switch rund 20 mal im Monat abgegeben. Die Nachfrage habe sich in der ersten Woche laut Inhaber Erik Tenberken nicht Wesentliches geändert. Gestern Nacht hatte die Birken-Apotheke wieder Notdienst. Eine „Pille danach“ wurde nicht verlangt – dafür ganz viele Schwangerschaftstests.
Das Apothekenteam arbeitet bei der Beratung einen Fragenkatalog ab und hat für die Kundinnen zusätzlich eine Broschüre entwickelt, die mit nach Hause gegeben wird. Darauf ist auch die Telefonnummer der Apotheke für spätere Rückfragen angegeben. Trotz des Aufwands schlägt Tenberken nichts auf den empfohlenen Verkaufspreis auf: „Ein eigenes Beratungshonorar fände ich ein bisschen merkwürdig“, so der Apotheker.
In den ersten Wochen wird jede Abgabe mit den Besonderheiten dokumentiert, damit die Kollegen untereinander ihre Erfahrungen austauschen. Einen Spezialfall gab es schon: Ein Vater wollte die „Pille danach“ für seine Tochter holen. „Normalerweise legen wir Wert darauf, nicht an Dritte abzugeben. Aber der Mann hat sich als Arzt ausgewiesen, deswegen haben wir eine Ausnahme gemacht“, so Tenberken.
Am Nachtschalter, der schon jetzt in einer Nische an der Hauswand ist, will Tenberken zusätzlich einen Sichtschutz anbringen lassen. Hereinbitten möchte er in der Nacht niemanden. „Dann bräuchte ich in dieser Gegend zusätzlich einen Wachschutz.“ Tagsüber war schon der Radiosender WDR1 zu Besuch – zum Testkauf. Mit der Beratung war die Redakteurin zufrieden, sie wäre nur lieber von einer Frau bedient worden, sagte sie im Anschluss an den Testkauf. Auch RTL hat schon Apotheken besucht.
Eine Wolfsburger Apotheke hatte offenbar ebenfalls einen Testkäufer: Der Mann verlangte die „Pille danach“ für seine Freundin. Der Apotheker bestand zumindest auf telefonischen Kontakt. Da stellte sich heraus, dass der Bedarf doch nicht so groß war. Das könnte allerdings auch am Preis gelegen haben: Die Apotheke schlägt 10 Euro auf den Listenpreis auf. Bei drei anderen Kundinnen habe es darüber keine Diskussionen gegeben.
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