Notfallkontrazeptiva

Apotheker planen Beratungshonorar für „Pille danach“

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Berlin -

Mit dem OTC-Switch der „Pille danach“ fällt die Verantwortung für die Beratung allein in die Hände der Apotheker. Anders als aktuell die ärztlichen Kollegen werden sie aber nach aktuellem Stand keine gesonderte Vergütung dafür erhalten. Die Apotheker suchen daher nach eigenen Lösungen: Einige wollen die Beratung über den Preis abbilden, andere ganz offiziell eine Beratungspauschale kassieren.

Bis zum 15. März können Ärzte die Notfallkontrazeptiva noch ohne Einschränkung verordnen. Laut der Gebührenordnung können sie entweder 7,29 Euro für das Beratungsgespräch abrechnen oder 11,61 Euro, wenn zusätzlich eine Untersuchung erfolgt. Nach dem OTC-Switch können nur noch Frauen unter 20 Jahren die „Pille danach“ auf Kassenrezept erhalten.

Damit findet auch die Beratung ausschließlich in der Apotheke statt. „Zum Nulltarif geht das nicht“, so Axel Desiere, Inhaber der Sonnen-Apotheke in Alsbach-Hähnlein. Apotheker seien Fachleute wie Ärzte; die Leistung müsse entsprechend honoriert werden. Desiere will den Kundinnen die Beratung in Rechnung stellen und eine Quittung zur Einreichung bei der Krankenkasse mitgeben.

Dass Mehraufwand in der Apotheke anfällt, ist für Desiere klar. Er will zu seinem eigenen Schutz die Beratung dokumentieren, schon aus versicherungsrechtlichen Gründen. Die Patientinnen sollen unterschreiben, dass sie aufgeklärt wurden und eine sachgerechte Beratung stattgefunden hat. Dafür will er vermutlich 11 Euro in Rechnung stellen. Die Kassen könnten dann selbst entscheiden, ob sie das aus Kulanz erstatten. Sie werden aber vor vollendete Tatsachen gestellt.

Rechtlich ist das allerdings dünnes Eis, auf das sich der Apotheker begibt. Denn der Patient hat gegenüber der Kasse keinen Anspruch auf Erstattung. Da im Arzneiliefervertrag eine Vergütung des Apothekers nicht geregelt ist, hat die Apotheke formal auch keinen Anspruch gegenüber der Kundin. Die Beratung zur Abgabe von Arzneimitteln ist mit dem Apothekenhonorar normalerweise vollständig abgegolten.

In dieser Hinsicht einfacher wäre es, EllaOne (Ulipristal) und Levonorgestrel-Präparate als OTC teurer zu verkaufen und die Beratung quasi einzupreisen. Doch Desiere gefällt der Gedanke nicht: „Über den Preis etwas aufzuschlagen, macht die Extraleistung nicht sichtbar.“ Beim Abgabepreis werde er sich an die Preisempfehlung des Herstellers halten.

Auch Apotheker Detlev Krause sieht nicht ein, dass die Kosten für die Beratung bei ihm hängen bleiben sollen. „Es ist eine Unart, dass von uns verlangt wird, dass wir alles umsonst machen“, so der Chef der Bären-Apotheke in Freudenberg. Er will die zusätzliche Beratung über den Kaufpreis finanzieren: „Ich werde für die 'Pille danach' mit Sicherheit 45 Euro nehmen und nicht 29,96 Euro.“ Dumpingpreise erwartet er jedenfalls nicht. „Für eine zusätzliche Leistung sollen Apotheker auch noch die Preise senken? Das ist doch Irrsinn.“

Mit der Freigabe können die Apotheken den Preis wie bei jedem anderen OTC frei kalkulieren. Allerdings darf der Preis nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Sonst spricht das Gesetz von Wucher. Geschäfte, die gegen die guten Sitten verstoßen, sind laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) nichtig. Das gilt vor allem, wenn sich jemand unter Ausnutzung der Zwangslage oder Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen bereichert. Wucher kann sogar mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.

Ob Preis und Leistung zu weit auseinander liegen, muss immer im Einzelfall geklärt werden. Davon wird häufig ausgegangen, wenn der Wert der Gegenleistung den der Leistung um das Doppelte übersteigt. Bei der „Pille danach“ hätten die Apotheker also rechtlich viel Luft nach oben, selbst wenn man nur den Preis für die Pille und nicht die Beratung als Grundlage für die Wucherrechnung nimmt.

So richtig glücklich sind viele Apotheker damit trotzdem nicht. Krause ist enttäuscht, dass sich die ABDA nicht lautstark für eine Honorierung der Beratung einsetzt: „Wenn eine zusätzliche Leistung verlangt wird, müsste die erste Frage immer lauten: Was bekommen wir dafür? Das wäre bei jedem anderen Geschäftsmann so“, sagt der Apotheker.

Der Berufsstand müsse sich an die eigene Nase packen, so Krause, wenn es kein Extra-Honorar gibt. „Und jeder, der Mitglied im Apothekerverband ist, darf sich zu der Sache eigentlich gar nicht äußern, weil er eine Mitschuld trägt.“ Bei der Umsetzung der Rabattverträge sei es dasselbe Spiel gewesen.

Unterstützung von Seiten des Berufsstandes gibt es derzeit vor allem in Sachen Beratung. Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat einen entsprechenden Leitfaden veröffentlicht. Auf Landesebene bieten zahlreiche Kammern Fortbildungen zum Thema an.

In Bremen und Niedersachsen beispielsweise gibt es wenige Tage vor dem OTC-Switch eine Sonderfortbildung zum Thema. Die Kammern verweisen auf den neuen Beratungsaufwand und den BAK-Leitfaden. Im Seminar sollen „alle wichtigen Inhalte zu den beiden Wirkstoffen, zur Abgabe und Beratung und das notwendige Wissen über den weiblichen Zyklus“ vermittelt werden.

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