Die „Pille danach“ ist seit Mitte des Monats rezeptfrei erhältlich – aber die Apotheker wissen nicht, ob sie sie auch abgeben dürfen. Eindeutig erlaubt ist die Selbstmedikation bei EllaOne (Ulipristal), bei Levonorgestrel-haltigen Notfallkontrazeptiva gehen die Meinungen jedoch auseinander. Die Apotheker werden mit der Entscheidung letztlich allein gelassen.
Hintergrund ist die Umstellung der Packungen. Denn die Hersteller konnten ihre Änderungsanzeigen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erst einreichen, nachdem die Anpassung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) in Kraft getreten war. Da keine Fristen für den Switch vorgesehen waren, sind die LNG-haltigen Packungen derzeit noch als verschreibungspflichtig gekennzeichnet.
Nicht endgültig geklärt ist, ob diese Packung trotzdem ohne Rezept abgegeben werden dürfen. Die ABDA beantwortet diese Frage nicht: „Das ist eine Einzelfallentscheidung des Apothekers. Es gibt hierzu keine einheitliche Verfahrensanleitung der ABDA“, sagte eine Sprecherin. Die Apotheker sollten sich mit der Frage gegebenenfalls an ihre Kammer oder Aufsichtsbehörde wenden. Eine Übersicht zum jeweiligen Sachstand in den einzelnen Bundesländern hat man sich bei der ABDA bislang nicht gemacht.
Eindeutig positioniert hat sich das Bundesgesundheitsministeriums (BMG): „Levonorgestrel-Packungen können nach Auffassung des BMG nach Inkrafttreten der AMVV ohne Rezept abgegeben werden, auch wenn sie noch als verschreibungspflichtig gekennzeichnet sind.“ Rechtsverbindlich für die Apotheken ist diese Auskunft allerdings auch nicht.
Die Empfehlungen der Mitgliedsorganisationen der Apotheker in den Ländern weichen voneinander ab. So hatte die Berliner Apothekerkammer mit Verweis auf den Deutschen Apothekerverband (DAV) mitgeteilt, dass Altpackungen „nur bei Vorlage einer ärztlichen Verschreibung abgegeben werden“ dürften.
Der Bayerische Apothekerverband sieht es noch strenger: Als Rx-Präparat gekennzeichnete Notfallkontrazeptiva seien „auch bei Vorlage einer Verschreibung und unabhängig vom Zulassungsstatus nicht mehr verkehrsfähig“. Der Verband verwies auf das Arzneimittelgesetz (AMG), das sowohl die Kennzeichnung apotheken- beziehungsweise verschreibungspflichtig vorschreibt, als auch das Inverkehrbringen von Arzneimittel mit irreführender Bezeichnung verbietet. „Wir raten daher von Abgabe der alten Rx-Präparate ab“, so der BAV. Beim Verband hatte man sogar mit einem Rückruf der Packungen gerechnet.
Der Hersteller HRA Pharma hält das nicht für notwendig. „Wir haben keine Veranlassung, das Präparat zurückzurufen“, betont Geschäftsführer Klaus Czort. PiDaNa sei weiterhin verkehrsfähig. Die Änderungsanzeige für das OTC-Präparat hat HRA bereits beim BfArM eingereicht. Czort rechnet nicht damit, dass es die apothekenpflichtige PiDaNa vor Mitte April gibt. Bis dahin empfiehlt Czort eine „kennzeichnungsgemäße“ Abgabe.
So weit reicht auch die Empfehlung der ABDA: Auf der sicheren Seite seien Apotheker, wenn sie die Altpackungen nicht ohne Rezept abgeben, so die ABDA-Sprecherin. Liege ein Rezept vor, sei es wahrscheinlich, das eine Abgabe der als verschreibungspflichtig gekennzeichneten Packung erlaubt sei.
In diesem Fall könnte die Apotheke aufgrund des Kontrahierungszwangs sogar zur Abgabe verpflichtet sein. Im Laufe der Zeit werde sich das Problem ohnehin von allein lösen, da die Packungen vom Hersteller demnächst umgestellt und als apothekenpflichtig gekennzeichnet würden, heißt es in der Jägerstraße.
In der Praxis können die Apotheker bis zum Switch der LNG-Packung auf EllaOne zurückgreifen, wenn keine Verordnung vorliegt. Wegen der europäischen Zulassung konnte hier eine Anpassung der Packung schon im Vorfeld mit Bezug auf die EMA umgesetzt werden. Ob sie PiDaNa oder die generischen Varianten auf Rezept abgeben, müssen sie selbst entscheiden.
APOTHEKE ADHOC Debatte