ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick

Notfallapotheke: Fürs Nasenspray ins Krankenhaus

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Berlin -

Apotheken in Notfallzentren wirken wie Karl Lauterbachs Masterplan 2.0 – zwar verspricht er den Apotheken mehr Geld für die wichtigen Notdienste, die landauf, landab die wichtigen Versorgungsstrukturen abbilden. Andererseits kommen jetzt aber die Notfallzentren mit eigenen Apotheken (oder noch besser: dispensierenden Ärzt:innen), die vor allem in den Städten den Apotheken bis spät am Abend das Wasser abgraben könnten. So mancher Patient und so manche Patientin strandet wahrscheinlich einfach an einem Wegweiser, nicht wissend, wohin es nun geht. Oder die Kolleg:innen in den Notfallzentren freuen sich demnächst über Verkäufe von Babynahrung und Schwangerschaftstests.

Aber zu mehr taugen die „notdienstpraxisversorgende Apotheken“ womöglich auch gar nicht. Denn was sie nicht leisten: eine Rezeptur im Notfall und die Versorgung nach 21 Uhr. So lange muss diese vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) ins Spiel gebrachte Parallelversorgung nämlich nur parat stehen. Und wer geht überhaupt ins Notfallzentrum? Die bekannten Nachfragen im Notdienst nach der Pille danach stellt so manche Frau vielleicht doch lieber der Apothekerin um die Ecke als dafür zum Krankenhaus zu fahren. Einige eingebildete „Notfälle“ könnten sich mit der neuen Regelung von selbst erledigen. Einige echte aber auch.

Die Apotheken, denen im Zuge der Apothekenreform immerhin mehr Geld für ihre Notdienste versprochen wurden, gucken am Ende doch in die Röhre. Und hinterfragen wieder einmal mehr: „Warum mache ich das Ganze eigentlich?!“ Denn der Apothekennotdienst bleibt wie er ist. Nur eines fehlt – zumindest in Städten: die Kund:innen, die in der noch halbwegs umsatzbringenden Zeit bis 21 Uhr vorbeischauen. In der Nacht können dann die echten Notfälle – Kind hat Fieber, vielleicht braucht es auch noch die richtig dosierten Zäpfchen? – wieder zur regulären Notdienstapotheke gehen.

Kunden nachts locken

Die Apotheken vor Ort überlegen sich in der Zwischenzeit schon, wie sie die Kund:innen auch spätabends zu sich lotsen. Es wird noch einmal kräftig investiert: Leuchtreklame für den Notdienst, um wieder mehr aufzufallen. Happy Hour von 20 bis 21 Uhr. Aufkleber an der Tür, die auf die kommenden Notdienst-Termine „in Deiner Apotheke“ hinweisen. Vielleicht erinnern sich die Kunden so besser daran, wo sie sich im pharmazeutischen Notfall wirklich hinwenden sollten.

Doch bei den Apotheken am oder im Zentrum könnte es ähnlich schlecht aussehen, immerhin schließen immer mehr Kliniken oder werden auf das Nötigste reduziert, um andere zu vergrößern. Flächendeckende Versorgung stellen sich viele Patient:innen anders vor. Zumal der Weg zur nächsten Klinik oder zum nächsten Notfallzentrum selten kürzer sein wird als zur nächsten Notdienstapotheke. Aber vielleicht hübschen diese Apotheken die Statistik noch etwas auf oder können entsprechende Subventionen einstreichen – ihr Erhalt wäre für den Gesundheitsminister immerhin essenziell. Vielleicht lohnt sich eine solche Apotheke für so manche Kollegin oder so manchen Kollegen ja doch…

Teure Parallelstrukturen

Vorerst sind die Apotheker:innen – die Ärzt:innen übrigens auch – wenig angetan von Lauterbachs Plänen. Der Referentenentwurf zum Notfallgesetz lieferte diese Woche die Vorlage für die „notdienstpraxisversorgende Apotheken“. Die Notfallapotheken sind eine zweite Offizin auf dem Gelände, auf dem die Notdienstpraxis betrieben wird. Pharmazeutisches Personal müsse in ausreichender Zahl vorhanden sein, heißt es, aber immerhin ein Labor braucht es nicht – klingt sehr nach den bekannten „Light“-Plänen. Was die Apotheken dabei finanziell erwartet, bleibt noch ungewiss. Die Einrichtung der abgespeckten Zweitoffizinen soll aber dafür den Krankenhausträgern und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) Millionen kosten.

Während also für die Erhöhung des Apothekenhonorars kein Geld im System ist, ist es für den Aufbau von Parallelstrukturen da. Trotz gravierendem Apothekensterben sind die vorhandenen Strukturen noch allzu selbstverständlich. Die Apotheke vor Ort hilft gerne – das weiß auch DocMorris. Aber sie bekommt immer mehr Steine in den Weg gelegt – so auch die Botschaft zum gestrigen Tag der Apotheke unter dem Motto „Wir müssen reden“.

Was die bekannten und meist ähnlich ablaufenden Gespräche mit Politikerinnen und Politikern in der eigenen Offizin bringen, steht jedoch in den Sternen. Auch Abda-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening blieb da so manche Antwort schuldig. Man will weiter still halten, um wenigstens beim Skonto den Status quo ante wieder zu erreichen. Man könnte fast den Eindruck haben, Lauterbach habe den Apotheken gedroht, sonst würde er ihnen noch ein weiteres Ei ins Nest legen. Jedenfalls gibt so mancher Apothekerverband derzeit inoffizielle Stillhalteparolen aus. Derweil geht das nächste Reformprojekt von Lauterbach bereits auf die Zielgerade – der Sommer wird in jedem Fall unruhig.

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