Notdienste

So oft müssen die Kollegen nachts ran Alexander Müller, 06.12.2016 10:06 Uhr

Berlin - 

Sich die ganze Nacht um die Ohren zu schlagen, ist auch nach Einführung der Notdienstpauschale für Apotheker kein Vergnügen. Daher ist es logisch, dass es bei der Verteilung der Dienste immer Unzufriedene gibt – und immer mal wieder Ärger. Absolute Gerechtigkeit lässt sich weder von der Kammer noch mit intelligenter Software herstellen. Doch vielleicht hilft dem ein oder anderen ein Blick auf die Zahlen: Die Mehrheit der Apotheker machen weniger Dienste als ihre Kollegen.

Im Durchschnitt hat jede Apotheke zuletzt pro Quartal sechs Dienste geleistet, wobei in der offiziellen Statistik nur die sogenannten Volldienste zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens gezählt werden. Nur für diese gibt es auch den Zuschuss aus dem Nacht- und Notdienstfonds.

Die Mehrheit der Apotheken kommt vergleichsweise gut weg: 54 Prozent der Apotheken leisten pro Quartal 1 bis 4 Notdienste. Mit anderen Worten: Maximal alle drei Wochen ein Dienst oder sogar nur eine Nachtschicht in drei Monaten. Das trifft naturgemäß vor allem auf Apotheken in Ballungsgebieten zu. Doch es gibt auch Mittelstädte mit einer überdurchschnittlichen Apothekendichte. Weniger schlaflose Nächte im Quartal bezahlen die Kollegen dort freilich auch mit einem verschärften Konkurrenzkampf.

Die nächstgrößere Gruppe schiebt zwischen fünf und zehn Notdienste pro Quartal, was bei kleineren Apotheken bei der Personaleinsatzplanung schon deutlich spürbar ist. Dies trifft auf 38 Prozent der Apotheken zu. In sehr ländlichen Regionen mit weiten Abständen zur nächsten Offizin müssen 7 Prozent der Apotheken sogar 11 bis 20 Notdienste pro Quartal übernehmen.

Eine Minderheit von 1 Prozent muss in jedem Quartal 20 oder mehr Notdienste schultern. Das führt zu jenen oft zitierten Extrembeispielen, bei denen eine Inselapotheke jede einzelne Nacht des Jahres in der Pflicht ist. Dafür gibt es allerdings auch eine fast sechsstellige Entschädigung aus dem Nacht- und Notdienstfonds.

Der Zuschuss aus dem Fonds wird in jedem Quartal neu berechnet. Die Einnahmen speisen sich aus den abgerechneten Rezepten: Ein Zuschlag von 16 Cent pro Arzneimittel landet im Topf. Dieser wird im Anschluss durch die Anzahl aller in diesem Quartal geleisteten Notdienste geteilt. Das Ergebnis ist die Pauschale, ein Wert zwischen 250 und 280 Euro, den jede Apotheke für jeden geleisteten Notdienst erhält.

Obwohl damit Apotheken auf dem Land mit überdurchschnittlich vielen Diensten entlastet werden, bleibt der Notdienst vor allem eine Gemeinwohlpflicht. Deshalb war eine Apothekerin aus Sachsen auch nicht froh darüber, dass sie sich künftig mehr Nächte um die Ohren schlagen muss. Bislang war sie alle 16 Tage dran mit Notdienst, neuerdings alle 14 Tage. Daran hat keiner Schuld, in ihrem Dienstbereitschaftsbereich haben einfach zwei Apotheken geschlossen.

In Sachsen gibt es bei der Verteilung der Notdienste eine Besonderheit: Zwar verschickt auch im Freistaat letztlich die Kammer die verbindlichen Bescheide. Doch zuvor machen die Kollegen in den Notdienstbereichen die Verteilung unter sich aus. In jedem Gebiet gibt es einen Verantwortlichen, der formlos bestimmt wird. Er erstellt einen Plan und verteilt die Notdienste möglichst gerecht auf die Kollegen. Die Satzung der Kammer sieht vor, dass die betroffenen Mitglieder darüber informiert werden und eine Mehrheit zustimmt. Ist dies der Fall, macht die Kammer das Ganze offiziell.

Grundsätzlich ist man in Sachsen zufrieden mit diesem Modell und auch ein bisschen stolz darauf, weil es den Gedanken der Selbstverwaltung betont. Um an der Basis nachzuhören, ob die Mitglieder nach wie vor zu dem Modell stehen, hatte die Kammer Anfang November zu einem runden Tisch gebeten. Etwa 30 Kollegen waren dem Aufruf gefolgt. Es ging nicht um verbindliche Entscheidungen, sondern um einen kollegialen Diskurs.

Ergebnis: Computergestützte Berechnungen zur möglichst gerechten Verteilung der Dienste wie in anderen Kammerbezirke haben ihre Vor- und Nachteile, die Sachsen wollen aber lieber auch künftig die Sache selbst regeln. Das bedeute zwar mehr Aufwand, verdiene aber das Etikett Selbstverwaltung. Positiver Nebeneffekt: Bei der Kammer kann sich keiner über die Verteilung der Dienste beschweren. Über die Übernahme von Diensten wird weiter diskutiert.

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