Alle Jahre wieder müssen Apotheker an Heiligabend Notdienst schieben. Wer dran ist, nimmt es pragmatisch – was muss, das muss. So ist es eben. Während sich einige Approbierte die Familien ins Notdienstzimmer holen, verweigert eine Kölner Apothekerin ihren Liebsten in Köln Weihnachten in der Offizin – aus gutem Grund.
In der Kölner Albertus Magnus Apotheke ist der Notdienst an Heiligabend bereits organisiert. Inhaberin Marzena Osiecka-Ruyange teilt sich die Arbeit mit einer Kollegin. Als sie erfahren hat, dass ihre Apotheke am 24. Dezember abends nicht schließen darf, war die Freude bei ihrer Familie groß: „Sie wollten alle kommen“, sagt die Apothekerin mit polnischen Wurzeln. Doch im Notdienstzimmer sei kein Platz für all das traditionelle Festtagsessen.
In Polen – und damit auch bei den Osiecka-Ruyanges – kommen an Heiligabend traditionell zwölf verschiedene Gerichte ohne Fleisch auf den Tisch. Klassischerweise können darunter Rote-Beete-Suppe, Sauerkraut, gefüllte Nudeln, panierte Champignons, gefüllte Eier und verschiedene Fischgerichte sein. „Es ist viel zu umständlich für mich, alle Gerichte in die Apotheke zu transportieren“, so Osiecka-Ruyange. Das Notdienstzimmer sei einfach zu klein.
Sie sagte ihrer Familie ab und bleibt zum Abendessen zu Hause. Um zwei Uhr nachts löst sie ihre Approbierte ab, die dafür vormittags während der regulären Öffnungszeiten bei ihrer Familie sein kann. „So haben wir beide etwas von unseren Familien.“ An Heiligabend erwartet die Apothekerin, deren Betrieb in der Innenstadt liegt, keine großen Überraschungen. „Ich glaube, es wird ganz ruhig. Genau kann man das nicht vorhersagen. Das Leben bringt immer Überraschungen.“
Wie für Osiecka-Ruyange ist es auch für Dr. Kerstin Podszus der erste Heiligabend, an dem die Apothekerin für Notdienst eingeteilt wurde. „Im Prinzip ist das ein Notdienst wie jeder andere“, sagt die Inhaberin der Hof-Apotheke zum Mohren im hessischen Friedberg, die bereits zuvor an Silvester und Neujahr Notfälle versorgt hat. „Wir bevorraten uns mit bestimmten Produkten mehr.“ Darunter seien Antibiotika, vor allem Säfte für Kinder, Durchfall- sowie Magenpräparate und Notfallkontrazeptiva. „Die Pille danach ist ein Klassiker im Notdienst.“
Als fest stand, dass ihre Apotheke an Heiligabend offen hat, beruhigte die Chefin ihre Angestellten. „Für mich war sofort klar, dass ich den Dienst übernehme.“ Ihre zwei angestellten Approbierten sollen zu Hause mit den Familien feiern. Alleine verbringt Podszus den Abend allerdings nicht. „Natürlich wäre ich lieber daheim, aber meine Familie kommt und wir machen traditionell Fondue“, sagt sie. Auch ihr Hund Lucy dürfe im Notdienstzimmer mitfeiern.
Einen Weihnachtsbaum gibt es bei ihr nicht. Gemütliche und besinnliche Stimmung werden Kerzen und die Schaufensterdeko verbreiten. In jeder der fünf Auslagen hängt ein beleuchteter Weihnachtsstern. Auch eine Bescherung werde es geben. Podszus erwartet, dass sie in während des Nachtdienstes nicht schlafen wird. Die Apotheke liegt rund 30 Kilometer vor Frankfurt und ist erfahrungsgemäß im Notdienst gut besucht. Die Apothekerin sieht es positiv: „Gerade in den letzten Tagen des Jahres haben die Kunden ein offenes Ohr und sind sensibel für gute Beratung vor Ort. Ich nutze diese Dienste als Chance, um auf unseren Service aufmerksam zu machen.“
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