Notdienst-Apotheker: „Wir kriegen berechtigten Ärger ab“ Carolin Ciulli, 27.12.2024 09:30 Uhr
Zwischen den Jahren kann es in Apotheken turbulent werden. Wenn die notdiensthabenden Betriebe dann noch sehr weit voneinander entfernt liegen, muss die Kundschaft weit fahren und in der Offizin hagelt es oft Kritik für die langen Wege. Sebastian Ludigkeit informierte die Apothekerkammer Westfalen-Lippe nach einer Schließung über den Abstand – die Antwort darauf ließ ihn sauer zurück.
Ludigkeit betreibt in Coesfeld die Marien Apotheke. Dass er am 29. Dezember Notdienst hat, weiß er schon lange. Doch als vor einigen Tagen wegen der Schließung einer Apotheke eine Änderungsmitteilung kam, erfuhr er, dass das Einzugsgebiet für ihn dadurch größer geworden ist. „Das abzudeckende Gebiet ist sehr groß, wie ich glaube zu groß, das wird ein heißer Tag werden“, sagt er.
Im Umkreis von 25 Kilometern gibt es keine weitere notdiensthabende Apotheke. Als der Inhaber die Kammer darauf aufmerksam machte, bekam er zunächst keine Antwort. „Als ich wieder anrief, hat man mir seitens der Kammer bereits die Schuld zugewiesen, dass die Problematik erst jetzt aufgefallen ist“, sagt er verärgert. Dann müsse eben ein Angestellter helfen. „Solche Aussagen sind daneben. Ich bin angenervt.“
Einzugsgebiet viel zu groß
„Die notdiensthabenden Apotheken passen vielleicht in die Kilometer-Angabe“, sagt er. „Aber das ist nicht praktikabel.“ Die Festlegung sei „frustrierend“ – auch für die Kundschaft, ist sich Ludigkeit sicher. „Ich muss mehrere Städte abdecken.“ Das Problem hat er laut eigenen Aussagen schon öfter bei der Kammer angesprochen. „Viele Leute kritisieren, dass sie so weit fahren müssen. Das ist frustrierend, wir stehen hier und bekommen den teils berechtigten Ärger ab.“
Die Kammer weiß um die Defizite: In einer Studie aus dem vergangenen Jahr heißt es: „Ein dichtes Apothekennetz und ein darauf abgestimmtes Nacht- und Notdienstsystem sind aus Sicht der Bevölkerung Grundlage für eine zuverlässige Arzneimittelversorgung – erste Defizite bei geringer Apothekendichte erkennbar.“ Noch deckten sich die Netze der Notdienstapotheken und der KV-Notfallpraxen aber weitgehend.
Am kommenden Sonntag wird Ludigkeit am Tag von einem Angestellten in der Apotheke unterstützt. Die Angestellten seien nach Weihnachten im Urlaub. Ob es ein turbulenter Dienst wird, sei nicht vorher abzusehen. „Vielleicht kommen 20 Leute, wir hatten aber auch schon 170 zwischen den Jahren.“ Im Vorfeld habe er das Lager hochgefahren. „Wir nehmen, was wir kriegen können.“ Besonders Antibiotika, Fiebersäfte- und Zäpfchen oder Salben gegen Brandverletzungen stocke er auf.
Ärger im Dienst vorprogrammiert
Das Problem im Notdienst und zwischen den Feiertagen sei, dass „die Kunden ohnehin mit einer kurzen Zündschnur unterwegs“ seien. Wenn jetzt beispielsweise ein Antibiotikum nicht vorrätig sei und zur nächsten Apotheke an der holländischen Grenze verwiesen werde, sei Ärger vorprogrammiert. „Das ist bei der Kammer nicht angekommen“, kritisiert er.