Apotheker Gerrit Nattler wird im Notdienst mitunter auf die Gebühr von 2,50 Euro angesprochen – von wegen: „Ihr seid doch sowieso da.“ Diese Aussagen kämen regelmäßig vor, sagt der Inhaber der Elisana Apotheke Gelsenkirchen Hassel. Das Bewusstsein für die Leistung fehle – ein Aufschlag von 50 Prozent wäre eine Lösung.
Nattler ist seit 2007 Apotheker. Er führt vier Betriebe in Gelsenkirchen und Dorsten, zum Elisana-Verbund gehört zudem eine gleichnamige Online-Apotheke. Im Notdienst versucht er – je nach Tagesform – professionell oder humorvoll auf Fragen zur Zusatzgebühr zu reagieren. Häufig komme diese Aussage vor: „Wieso kostet es extra, wenn ich nachts etwas in der Apotheke kaufe? Ihr seid doch sowieso da! Und Beratung benötige ich auch nicht, ich kenne mich mit den Medikamenten aus.“
Die Antwort darauf sei immer individuell. Kunden verprellen wolle er nämlich nicht. „In meinen Apotheken merke ich deutlich, dass es mehr geworden ist, dass eben keine echten Notfälle aufschlagen, sondern dass der Notdienst als zusätzliche Öffnungszeit wahrgenommen wird.“ Früher sei die Hemmschwelle, um 3 Uhr nachts in die Apotheke zu gehen, viel größer gewesen.
Der Bevölkerung sei nicht klar, wofür der Dienst stehe, das müsse reformiert werden. Man müsse als Gesellschaft überlegen, wie wichtig die Leistung sei und sie entsprechend bepreisen, sagt er. „Es ist völlig ok, wenn man sich das als Luxus leistet.“ Doch man dürfe sich nicht unter Wert verkaufen. „Ich würde sagen, dann müsste ein Aufschlag von 50 Prozent auf alles, sei es Kassen- oder Privatrezept, eingeführt werden. Wir haben dadurch auch zusätzliche Kosten.“ Es sei ärgerlich, wenn der vermeintliche Notdienst-Kunde nachts sagt, er komme lieber am nächsten Tag, um sich die Gebühr von 2,50 Euro zu sparen.
Nattler erklärt, dass wohl kaum jemand an der Kasse des Freibads sagen würde, warum man eigentlich im Schwimmbad Eintritt zahlen müsse. Nach dem Motto, das Wasser sei doch sowieso da. „Und den Bademeister brauche ich eigentlich auch nicht, ich kann ja sicher schwimmen.“ Das sei jedoch kein Konter, den er bei der Kundschaft gebrauche. „Es bringt natürlich nichts, sich über so etwas zu ärgern. Es zeigt mir aber, dass es häufig an dem Bewusstsein mangelt, was ein Apotheken-Notdienst bedeutet.“
In der Regel sei der Aufschlag von 2,50 Euro für die Kundschaft in Ordnung. „Die meisten haben Angst davor, dass er pro Artikel gilt.“ 2,50 Euro seien keine Hürde, die als substanziell angesehen werde. „Hier gibt es seit der Euro-Einführung keine Inflation oder versteckten Kosten. 2,50 Euro für eine wirklich große Leistung, die jederzeit abrufbar ist. Und die erbracht wird, wenn es wirklich darauf ankommt – wie eben auch der Einsatz des Bademeisters. Diese Sicherheit, im Fall der Fälle gerettet zu werden, ist unbezahlbar.“
Nattler will seinen Kolleginnen und Kollegen danken, die den Notdienst aufrechterhalten – auch wenn sich der Notdienst finanziell nicht lohne, immer anstrengender und herausfordernder werde und zusätzlich zu den normalen Arbeitszeiten geleistet werde.