Notdienst

Notdienstklingel statt Weihnachtsglöckchen

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Berlin -

Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern sorgen auch zahlreiche Frauen und Männer dafür, dass die Mehrheit der Menschen friedlich und im Kreise der Familie den Heiligabend feiern kann. So sorgen Apotheker auch über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel für eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung mit Arzneimitteln.

In München werden 17 Apotheken an Heiligabend durchgehend für die Einwohner und Besucher da sein. Dazu gehört die Preysing-Apotheke, die ihre Notdienstklappe von Heiligabend bis 8 Uhr am ersten Feiertag geöffnet hat. Die wichtigste Bevorratung werden Kekse für die Seele sein: Ein Approbierter wird die Fahne hochhalten und die Kunden versorgen. Erwartet werden vor allem Kassenrezepte aus dem nahe gelegenem Zentrum für Augen- und Zahnheilkunde. Antibiotika, Schmerzmittel, Augentropfen und Salben gegen eine Bindehautentzündung werden wahrscheinlich am häufigsten abgegeben, mutmaßen die Mitarbeiter der Apotheke.

Außer mit „echten Notfällen“ rechnen sie damit, dass einige vermeintliche Lappalien Grund für einen Apothekenbesuch sein werden. „Allerdings kann auch eine Befindlichkeitsstörung einem den Heiligabend versauen“, gibt der Apotheker zu bedenken. „Jeder Kunde ist eine Notfall.“

In der Apotheke im Niedersachsenhaus in Hamburg werden ein Apotheker und seine Frau den Heiligabend gemeinsam verbringen. Die Bescherung wird in diesem Jahr also in der Offizin stattfinden. Die Kinderambulanz in der Nähe wird voraussichtlich hauptsächlich für Rezepte zur Akutversorgung mit Antibiotika und Fieberzäpfchen sorgen. Medikamente in Selbstmedikation aus den Bereichen Erkältung und Magen-Darm-Beschwerden werden wahrscheinlich auch verstärkt abgegeben, vermutet der Pharmazeut.

Im vergangenen Jahr sorgte die Merlin-Apotheke in Berlin-Mitte für die Arzneimittelversorgung der Menschen in der Hauptstadt. Inhaber Helmut Kaeber hatte weniger zu tun als erwartet. Gefragt waren vor allem OTC-Produkte. Die Apotheke befindet sich einer Gegend mit vielen Touristen, daher waren mindestens die Hälfte derer, die Kaeber aufsuchten, keine Berliner. Der Chef macht den Notdienst noch selbst. „Im nächsten Jahr bin ich Ostern wieder dran“, berichtet der Pharmazeut.

Die „Wir leben“-Apotheke von Christoph Behrens im niedersächsischen Stade hat in diesem Jahr ebenfalls an Heiligabend Notdienst. Im Gegensatz zu „normalen“ Notdiensten teilt sich der Pharmazeut den Notdienst am 24. Dezember mit einer Mitarbeiterin. „So kann jeder zumindest einen Teil des Tages mit seiner Familie verbringen“, begründet Behrens. So muss die Kollegin am 24. Dezember von 8 bis 13 Uhr und dann wieder ab 23 Uhr in die Apotheke. Dazwischen übernimmt Behrens.

Das sei für beide die optimale Lösung, erklärt der Pharmazeut, der trotz eines Notdienstes bereits einige Pläne für den Tag hat. „Traditionell treffe ich mich morgens mit meinen Freunden zum Weißwurstfrühstück“, berichtet er. Abends beziehungsweise nachts feiert Behrens mit seinen Eltern und Geschwistern Weihnachten. „Da ich keine Kinder habe und meine Familie gern länger feiert, ist es überhaupt kein Problem, wenn ich erst gegen Mitternacht dazustoße“, sagt er.

Normalerweise unterscheide sich aber der Notdienst an Weihnachten nicht wesentlich von einem Notdienst an jedem anderen Tag. „Eventuell werden Medikamente gegen Überfüllung etwas mehr nachgefragt“, fügt er schmunzeln dazu. Sonst würden vor allem die üblichen Verdächtigen – Nasenspray, Schmerzmittel und Antibiotika – gekauft.

Auch Ricarda Martens von der Nordsee-Apotheke in Cuxhaven erwartet einen „ganz normalen Notdienst“. „Wer nicht kommen muss, der kommt auch nicht. Schließlich wollen alle mit ihren Familien feiern“, mutmaßt sie. Für die Apothekerin ist das – trotz 25-jähriger Berufserfahrung – der erste Notdienst an Weihnachten. Sie rechne aber nicht mit besonderen Vorfällen.

Dass sie nun an Heiligabend arbeiten muss, macht ihr auch nichts aus. „In meinem Familien- und Freundeskreis hat sich Silvester als der Tag etabliert, an dem man sich trifft und gemeinsam feiert“, erzählt sie. Seit 30 Jahren würde man sich mit Freunden samt Kindern und bald wohl auch mit Enkeln mehrere Bungalows in Holland mieten und gemeinsam am Neujahr die Korken knallen lassen.

Auch auf der Verkaufsliste von Martens stehen Schmerz- und Magenmittel, Nasensprays sowie Antibiotika ganz oben. „Ein Arzt aus dem benachbarten Ärztehaus hat Heiligabend Dienst in der Notfallpraxis des ebenfalls nahe gelegenen Krankenhauses. Er hat uns schon eine Liste mit Arzneimitteln gegeben, die wir vorrätig haben sollten“, berichtet sie. Darauf fänden sich Antibiotika und Schmerzmittel.

Rita Ademes ist Inhaberin der einzigen Apotheke auf der zweitkleinsten ostfriesischen Insel Wangerooge mit rund 1000 Einwohnern. Notdienst gehört deshalb zum Alltag der Apothekerin. Allerdings seien die Insulaner vor allem an Weihnachten sehr rücksichtsvoll und diszipliniert und würden nur im äußersten Notfall außerhalb der regulären Zeiten zum Inselarzt oder in die Apotheke gehen.

Ohnehin müsse sie während der täglichen Notdienste nicht die ganze Zeit in der Apotheke verbringen. Denn die Offizin befinde sich im Erdgeschoss des Wohnhauses der Apothekerin und ihres Ehemannes, der ebenfalls Pharmazeut ist. An Heiligabend hat Ademes, die in einem Gospelchor singt, einen Auftritt in der Kirche der Insel. „Da sind wir zwar für paar Stunden vom Notdienst befreit, aber immer telefonisch erreichbar, wenn jemand dringend Hilfe braucht“, sagt sie. Wangerooge sei eben ein kleiner Ort, in dem jeder jeden kenne, respektiere und wo man sich gegenseitig helfe.

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