Noctu-Streit

Notdienst: 66 Kilometer – und trotzdem retaxiert

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Berlin -

Hanseatische Krankenkasse (HEK) retaxiert Notdienstgebühr: Michaela Spöttl staunte nicht schlecht, als die Retaxation in die Apotheke flatterte. Immerhin war es in ihrer langjährigen Tätigkeit als Apothekerin das erste Mal, dass eine Kasse die Notdienstgebühr beanstandete.

Die Inhaberin der Sonnen-Apotheke in Kressbronn erinnert sich noch sehr genau an den Notdienst. „Es war an einem Sonntag. Der Kunde hatte eine heftige Augenentzündung. Der diensthabende Augenarzt hatte antibiotische Augentropfen verordnet. Es handelte sich tatsächlich um einen Notfall.“ Der Kunde hatte bereits eine lange Odyssee hinter sich, bis er schließlich bei Spöttl an der Notdienstklappe ankam.

Die baden-württembergische Gemeinde am Bodensee hat etwa 8300 Einwohner. Wer am Sonntag hier einen Augenarzt aufsuchen muss, sollte mobil sein. Der Kunde hatte einen Fahrtweg von etwa 46 Kilometern auf sich nehmen müssen, um zur diensthabenden Augenarztpraxis zu kommen. Von dort aus waren es etwa 20 Kilometer bis zur Sonnen-Apotheke.

Spöttl konnte den Patienten mit den antibiotischen Augentropfen versorgen. „Das Rezept wurde am Sonntag ausgestellt, darum habe ich die Notdienstgebühr auf das Rezept gedruckt und nicht vom Kunden kassiert.“ Die Apothekerin gibt zu, nicht auf das Noctu-Feld geachtet zu haben. Leider war dieses nicht vom Augenarzt im Rahmen der Verschreibung markiert worden, auch einen handschriftlichen Vermerk hate er nicht vorgenommen. Die HEK machte von ihrem Recht Gebrauch und retaxierte die Notdienstgebühr. Ein Unding, findet Spöttl. „Ich hätte die Retaxation ja verstanden, wenn das Rezept erst Tage später eingelöst worden wäre. Aber der Arzt hatte es am Sonntag ausgestellt und ich am selben Tag beliefert.“

Die Apothekerin hat Einspruch gegen die Retaxation eingelegt. Leider ohne Erfolg. Die HEK hat dem Einspruch nicht stattgegeben, weil Noctu eben nicht angekreuzt war. Spöttl ist nicht die erste Apothekerin, die eine Notdienstgebühr-Retax kassiert. Auch Martin Meirer, Inhaber der Volker- und der Löwen-Apotheke in Alzey, musste diese Erfahrung machen. Apotheker Carsten Hase von der Insel-Apotheke auf Helgoland musste sogar 1500 Euro zahlen.

Laut Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) dürfen Apotheken im Nacht- und Notdienst zu festgelegten Zeiten die Notdienstgebühr von 2,50 Euro – inklusive Umsatzsteuer – erheben. „Bei der Inanspruchnahme in der Zeit von 20 bis 6 Uhr, an Sonn- und Feiertagen sowie am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, bis 6 Uhr und ab 14 Uhr können die Apotheken einen zusätzlichen Betrag von 2,50 Euro einschließlich Umsatzsteuer berechnen.“

Eine Abrechnung zu Lasten der Kasse ist bei markiertem Noctu-Feld oder handschriftlichem Vermerk „noctu“ möglich. Die Gebühr wird mit der Sonder-PZN 02567018 abgerechnet. „Eine Berechnung gegenüber der Krankenkasse ist aber nur möglich, wenn das Rezept während dem Notdienst ausgestellt und im gleichen Notdienst in der Apotheke während der Dienstbereitschaft vorgelegt wurde“, schreibt der Saarländische Apothekerverein.

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